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zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.
Abu al-Mughith Husain ibn Mansur
ibn Mahamma al-Baidawi al-Halladsch ist vor allem
unter seinem Namen Halladsch bekannt. Er wurde wahrscheinlich
858 n.Chr. in al-Baida im heutigen
Iran
geboren und am 26.3.922 n.Chr. hingerichtet. Er war einer der
bekanntesten persischen
Mystiker.
Als Enkel eines persischen
Zaroastriers, dessen Vater den
Islam
angenommen hatte, lernte und lehrte er wohl zunächst in
Persisch. Später schrieb er ausschließlich in
Arabisch. Zu seinen Lehrern gehörte
Dschunaid Baghdadi.
Er heiratete und führte seine
Pilgerfahrt [hadsch] durch, wo er ein Jahr lang in
Zurückgezogenheit und
fastend blieb. Danach reiste er viel und schrieb auf
seinen Reisen, u.a. nach Indien, wo er viele Anhänger gewann.
Nach seinem Wechsel in die
abbasidische Hauptstadt
Bagdad
wurde er Schüler bedeutender
Mystiker.
Unter den Sufis und auch der Bevölkerung
Bagdads
fiel Halladsch durch seine als radikal und schockierend
eingestuften Äußerungen auf, wodurch er von orthodoxen
Muslimen immer wieder der Ketzerei bezichtigt wurde. Er
wurde schließlich von der Regierung festgenommen und nach
mehreren Jahren Gefängnis öffentlich hingerichtet.
Halladschs berühmtester Ausspruch, der ihm als Ketzerei
ausgelegt wurde, ist: "Ich bin die Wahrheit"
[ana-l-haqq, انا الحقّ],
ein Ausspruch der in der
Mystik
[tasawwuf] als
Extasischer Ausruf [schath] eingestuft wird.
Er sprach aber letztendlich nur den Urgedanken allen
Sufismus aus, der in der Eins-Werdung mit
Gott,
in dem
Entwerden [fana]
die Vervollkommnung sieht. Das eigene "Ich", das "Selbst" der
eigenen
Seele [nafs], löst sich im
Geist
[ruh]
Gottes
auf. In den deutschen Sprachraum wurde er vor allem von
Prof. Annemarie Schimmel, die über ihn schrieb: "Halladschs
absolute Gottesliebe und seine Lehre von der liebenden
Einigung des geschaffenen menschlichen und des ungeschaffenen
göttlichen Geistes, die der Mensch in seltenen Augenblicken
der Extase erfahren kann, erschien den Theologen und Gelehrten
unerlaubt, ja unmöglich. Hinzu kamen Berichte über angebliche
Wundertaten. 912 wurde Halladsch verhaftet und 922 trotz der
Fürsprache hochgestellter Persönlichkeiten zum Tode
verurteilt. Das Urteil nahm er ungerührt entgegen, auf dem
Wege zur Richtstätte lachte er und tanzte in seinen Fesseln.
Faridudin Attar gibt die folgende Beschreibung von der
Hinrichtung: "Sie sahen viele Wunder, die er bewirkte.
Geschwätz ging um, und seine Reden wurden dem Kalifen
hinterbracht. Schließlich war man sich darüber einig, dass er
sterben müsse. Der Kalif ließ ihn ins Gefängnis werfen. Sie
schlugen ihn dreihundert Mal mit Stöcken. Dann führten sie ihn
hinaus zur Hinrichtung. Als sie ihn zum Galgen gebracht
hatten, küsste er das Holz und setzte seinen Fuß auf die
Leiter. "Wie fühlst du dich?" verspotteten sie ihn. "Der
Aufstieg wahrer Menschen führt zur Spitze des Galgens"
antwortete er. Er wandte sich gegen Mekka, erhob die Hände und
betete. Dann hieben sie ihm die Hände ab. Er lachte. Sie
hackten seine Füße ab. Er sagte lächelnd: "Mit diesen Füßen
machte ich eine Reise auf Erden. Ich habe andere Füße, die
jetzt durch beide Welten wandern. Wenn ihr könnt, hackt diese
Füße ab!" Dann rieb er mit seinen blutigen Armstümpfen über
sein Gesicht, so dass Arme und Gesicht blutig wurden. "Warum
hast du das getan?" fragten sie ihn. "Ich habe viel Blut
verloren und glaube, dass mein Gesicht blass geworden ist. Ihr
denkt, meine Blässe kommt aus Angst. Ich habe Blut auf mein
Gesicht gewischt, damit ich in euren Augen rote Backen habe."
Dann stach man ihm die Augen aus. Dann wollte man seine Zunge
abschneiden. "Wartet noch ein wenig, gebt mir noch Zeit für
ein Wort" bat er dringend. "O Gott", schrie er gen Himmel,
"verstoße sie nicht wegen der Leiden, die sie mir um
Deinetwillen antun, noch entziehe ihnen die Glückseligkeit.
Gelobt sei Gott, denn sie haben meine Füße abgehackt, als ich
auf dem Wege zu Dir war. Und wenn sie mir den Kopf abschlagen,
so haben sie mich doch auf die Höhe des Galgens gebracht, wo
ich Deine Majestät betrachte." Dann schnitten sie ihm Nase und
Ohren ab. Die letzten Worte, die Halladsch sprach, waren: "Die
Liebe zu dem Einen führt zur Einswerdung mit Ihm". Nach diesen
Worten schnitten sie seine Zunge ab. Zur Zeit des Abendgebetes
schnitten sie seinen Kopf ab. Er lächelte, als sie das taten.
So starb Halladsch."
Sollte sich die Hinrichtung tatsächlich dieser Art ereignet
haben, wäre es ein weiterer anschaulicher Beleg dafür, dass die
Abbasiden weit entfernt von jeglicher
islamischer Moral agierten!
Halladschs Gedichte sind reichhaltig. Zu den
Eindrucksvollsten gehören diejenigen, die seine eigene
Entwerdung
und vollständige
Ergebenheit [taslim] in Gott beschreiben. Einige seiner Gedichte hat
Prof. Annemarie Schimmel in Reimform ins Deutsche
übertragen. Siehe dazu
Liste der veröffentlichten Gedichte zum Islam.
Nach manchen Quellen wird behauptet, dass auch
Imam
Mahdi (a.) ihn aus seiner kleinen
Verborgenheit heraus schriftlich verflucht habe, aber jene
Behauptung ist umstritten.