Ibn Chaldun
Ibn Chaldun

Aussprache: ibn chalduun
arabisch:
ابن خلدون
persisch:
ابن خلدون
englisch: Ibn Khaldun

1.9.732 - 25.9.808 n.d.H.
27.5.1332 - 1406 n.Chr.

Bild: Briefmarke zu Ibn  Chaldun aus Tunesien

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Wali-ud-Din Abd ar-Rahman ibn Muhammad ibn Muhammad ibn Abi Bakr Muhammad ibn al-Hasan; der als Ibn Chaldun bekannt ist, war ein islamischer Geschichtsschreiber und befasste sich mit den Gesellschaften und Kulturen der muslimischen Welt. Zudem war er Mathematiker.

Er wurde am 1. Ramadan 732 (27.5.1332) in Tunis geboren. Er versuchte, die Veränderungen und Entwicklungen in der Geschichte mit Gesetzmäßigkeiten in der Gesellschaft zu erklären. Zu Beginn seines monumentalen Werkes al-Muqaddima nennt er sich kurz: Abd ar-Rahman ibn Muhammad ibn Chaldun al-Hadrami [عبد الرحمن بن محمد بن خلدون الحضرمي]. Ibn Chalduns Betrachtungsweise von gesellschaftlichen und sozialen Konflikten gilt auch als Vorläufer einer soziologischen Denkweise.

Ibn Chalduns Leben ist für seine Zeit außerordentlich gut dokumentiert, da er eine Autobiografie mit demTitel: "Die Vorstellung des Ibn Chaldun und seine Reise im Westen und im Osten" [at-ta'rif bi-ibn chaldun wa-rihlatuhu scharqan wa-gharban, التعريف بابن خلدون ورحلته غربا وشرقا] hinterlassen hat, in der er zahlreiche Dokumente, die sein Leben betreffen, wörtlich zitiert. Allerdings hält er sich mit Aussagen, die sein Privatleben betreffen, sehr zurück, so dass man nur wenig über seine familiären Verhältnisse erfährt.

Ibn Chaldun stammt aus einer adligen Familie, dem Stamm der Chaldun [banu chaldun], die über mehrere Generationen in Sevilla gelebt hat. In seiner Autobiografie führt Ibn Chaldun seine Abstammung bis in die Zeit des Propheten Mohammed auf einen arabisch-jemenitischen Stamm aus dem Hadramaut zurück, der zu Beginn der islamischen Eroberung nach Spanien kam. Seine Familie, die in Andalusien zahlreiche hohe Ämter inne hatte, emigrierte zu Beginn der Reconquista, etwa Mitte des 13. Jahrhunderts, nach Ceuta Nordafrika. In der Hafsidendynastie - unter dem Emir Abu Zakariya' Yahya I. 1228-1249 besetzten einige Mitglieder der Familie politische Ämter, Ibn Chalduns Vater und Großvater jedoch zogen sich aus dem politischen Leben zurück und schlossen sich einem mystikischen Orden an.

Der hohe Rang seiner Familie verhalf Ibn Chaldun zu einem Studium bei den besten Lehrern Nordafrikas jener Zeit. Ibn Chaldun erhielt eine klassische islamische Ausbildung. Der Mystiker, Mathematiker und Philosoph al-Abili führte ihn in die Mathematik, Logik und Philosophie ein, wobei Ibn Chaldun vor allem die Werke von Averroes, Avicenna [ibn sina] lernte. Im Alter von 17 Jahren verlor Ibn Chaldun beide Eltern durch den in drei Kontinenten grassierenden „Schwarzen Tod“, die Pest, die auch nach Tunis kam.

Der Familientradition folgend strebte Ibn Chaldun eine politische Karriere an. Angesichts der ständig wechselnden Machtverhältnisse und Herrscher im damaligen Nordafrika bedeutete dies, einen gekonnten Balanceakt zu vollführen, Bündnisse zu knüpfen und Loyalitäten rechtzeitig aufzukündigen, um nicht in den Untergang der teilweise sehr kurzlebigen Herrschaften hineingezogen zu werden. Ibn Chalduns Anstrengung führte ihn sowohl ins Gefängnis als auch in höchste Ämter und ins Exil.

Nach seiner Ausbildung in Tunis wurde er Sekretär des hafsidischen Sultans Abu Ishaq Ibrahim II. al-Mustansir. Zum merinidischen Hof hatte er schon 1347, als Abul-Hasan Tunis besetzt hatte, gute Beziehungen gepflegt.

Nach seiner Übersiedlung aus Tunis nach Fes begann Ibn Chaldun seine politische Karriere im Alter von zwanzig Jahren mit dem Amt des "Sekretär der Gelehrten" [kātib al-alāma, كاتب العلامة] in der Kanzlei von Ibn Tafragin und im Auftrag des Sultans Abu Ishaq. In dieser Zeit lebte und wirkte Ibn Chaldun in der unmittelbaren Nachbarschaft der Schule [madrasa] Bu Inaniya - heute in der Straße at-Tal'al-kabira - die als eines der schönsten Beispiele marokkanischer Architektur gilt. Die Aufgabe des "Sekretärs" bestand darin, in feiner Kalligraphie die typischen Einleitungsfloskeln, wie z.B. die Basmala, auf offizielle Dokumente zu setzen. Der dortige Merinidenherrscher Abu Inan gab ihm später einen Posten als Schreiber der königlichen Proklamationen, was Ibn Chaldun jedoch nicht daran hinderte, gegen seinen Arbeitgeber zu intrigieren. Das brachte den 25-jährigen 1357 für 22 Monate ins Gefängnis. Er wurde erst nach dem Tode Abu Inans (1358 n.Chr.) von dessen Sohn und Nachfolger freigelassen. Gegen diesen verschwor sich Ibn Chaldun mit dessen im Exil lebenden Onkel, Abu Salim. Abu Salim verlieh Ibn Chaldun, als er an die Macht kam, das Amt eines Staatssekretärs [katibu s-sirr wa-t-tauqi' wal-inscha,كاتب السر والتوقيع والانشاء] die erste Position, die Ibn Chalduns hohem Ausbildungsstand gerecht wurde.

Nach dem Sturz Abu Salims durch Amar Ibn Abd Allah, einem Freund Ibn Chalduns, wurden Ibn Chalduns Erwartungen enttäuscht. Er bekam unter dem neuen Herrscher kein wichtiges Amt übertragen, wohl auch deshalb, weil Ibn Chalduns Loyalität zum jeweiligen Herrscher angezweifelt wurde. Amar verhinderte zugleich erfolgreich, dass Ibn Chaldun, dessen politische Fähigkeiten er zu gut kannte, sich den Abdalwadiden anschloss. Ibn Chaldun entschloss sich deshalb dazu, im Herbst 1362 n.Chr. nach Granada zu ziehen. Dort konnte er sich eines herzlichen Empfangs gewiss sein, da er Granadas Sultan Nasriden Muhammad V. in Fes geholfen hatte, seine Herrschaft von diesem temporären Exil aus zurück zu gewinnen. 1364 n.Chr. betraute ihn Muhammad mit einer diplomatischen Mission zum König von Kastilien, Pedro dem Grausamen, um einen Friedensvertrag abzuschließen. Ibn Chaldun beendete diesen Auftrag erfolgreich. Das Angebot Pedros, ihm die spanischen Besitztümer seiner Familie zurückzuerstatten und an seinem Hof zu bleiben, lehnte er allerdings höflich ab.

In Granada geriet Ibn Chaldun schnell in Konkurrenz zu Muhammads Wesir Ibn al-Chatib, der das enge Verhältnis zwischen Ibn Chaldun und Muhammad mit wachsendem Misstrauen beobachtete. Ibn Chaldun versuchte, den jungen Muhammad zu seinem Ideal eines weisen Herrschers zu formen, ein Unterfangen, das nach Ibn al-Chatibs Ansicht unklug war und den Frieden des Landes gefährdete – und die Geschichte gab seiner Einschätzung recht. Ibn Chaldun wurde auf Betreiben Ibn al-Chatibs schließlich nach Nordafrika zurückgeschickt. Ibn al-Chatib hingegen wurde später von Muhammad V. wegen unorthodoxer philosophischer Ansichten angeklagt und hingerichtet.

In seiner Autobiografie erzählt Ibn Chaldun wenig über den Konflikt mit Ibn al-Chatib und die Gründe seiner Rückkehr nach Afrika. Zurück in Afrika, akzeptierte Ibn Chaldun freudig die Einladung des hafsidischen Sultans Abu Abdullah in Bougie, sein oberster Minister zu werden. In diese Periode fällt auch Ibn Chalduns Auftrag, unter den dortigen Berberstämmen Steuern einzutreiben. Nach dem Tode Abu Abdullahs 1366 wechselte er abermals die Fronten und schloss sich dem Herrscher von Constantine, Abul-Abbas, an.

Ibn Chalduns politische Begabung, vor allem im Umgang mit den nomadischen Berberstämmen, war bei den nordafrikanischen Herrschern mittlerweile höchst gefragt, wohingegen er selbst eher der Politik und ständigen Seitenwechsel müde wurde. So suchte Ibn Chaldun Zuflucht bei einem der Berberstämme, den Aulad Arif. Über drei Jahre lebte er unter ihrem Schutz im Fort Qalat Ibn Salama im Süden von Bougie. In dieser Zeit 1374-1377 n.Chr. entstand die Einleitung [muqaddima] zu seiner geplanten Weltgeschichte. Um das Werk zu vollenden, fehlte ihm dort jedoch die nötige Literatur.

Daher kehrte Ibn Chaldun 1378 nach Tunis zurück und arbeitete dort weiter an seinem Geschichtswerk, dem Kitab al-Ibar. Abul-Abbas, der in der Zeit Tunis erobert hatte, nahm Ibn Chaldun wieder in seine Dienste, doch ihr Verhältnis blieb belastet. Abul-Abbas zweifelte an der Loyalität Ibn Chalduns, der ihn zwar mit einem Exemplar der fertig gestellten Weltgeschichte bedacht hatte, aber die damals übliche Danksagung auf den Herrscher einfach weggelassen hatte. Unter dem Vorwand, die Pilgerfahrt [hadsch] nach Mekka antreten zu wollen erhielt Ibn Chaldun die Erlaubnis, Tunis zu verlassen und nach Alexandria zu segeln. Ägypten hatte damals unter der Herrschaft der Mamluken einer wirtschaftlichen und kulturellen Blütezeit.

In Ägypten blieb Ibn Chaldun den Rest seines Lebens. 1384 ernannte Sultan Barquq ihn zum Professor der Qamhiyya-Madrasa und zum obersten malikitischen Richter. Die vier muslimischen Rechtsschulen, die Hanafiten, Malikiten, Schafiiten und Hanbaliten hatten traditionellerweise jede ihren eigenen obersten Richter. Ibn Chaldun gehörte der hauptsächlich in Westafrika verbreiteten malikitischen Rechtsschule an. In seiner eigenen Art der Amtsführung traf er jedoch auf Widerstand und musste sein Richteramt bereits im ersten Jahr wieder aufgeben.

Zu seinem mehr oder weniger freiwilligen Rücktritt mochte auch der schwere Schicksalsschlag beigetragen haben, der Ibn Chaldun 1384 n.Chr. getroffen hatte. Ein Schiff, das seine Familie nach Kairo bringen sollte, erlitt vor der Küste Alexandrias Schiffbruch, und Ibn Chaldun verlor dabei seine Frau und seine Kinder, mit Ausnahme zweier Söhne. Da seine Stellung am Hof des Sultans erschüttert war, zog er sich auf sein Landgut bei der Oase Fayyum zurück. Im Jahre 1387 n.Chr. entschloss er sich , die Pilgerfahrt [hadsch] nach Mekka wirklich anzutreten, wo er auch einige Zeit in Bibliotheken verbrachte.

Nach seiner Rückkehr im Mai 1388 n.Chr. konzentrierte sich Ibn Chaldun stärker auf seine Lehrtätigkeit an diversen Kairoer Schulen [madrasas]. Am Hof fiel er vorübergehend in Ungnade, da er während einer Revolte gegen Barquq – unter Druck – zusammen mit anderen Kairoer Juristen ein religiöses Rechtsurteil gegen Barquq herausgegeben hatte. Später normalisierte sich sein Verhältnis zu Barquq wieder und er erhielt eine erneute Berufung zum obersten malikitischen Richter. Insgesamt sechsmal wurde er in dieses hohe Amt berufen, das er aus sehr verschiedenen Gründen nie lange behielt.

Unter Barquqs Nachfolger, seinem Sohn Faradsch, nahm Ibn Chaldun an einem Feldzug gegen den mongolischen Eroberer Tamerlan (Timur Lenk) teil, der auf Damaskus zu marschierte. Der beinahe siebzig Jahre alte Ibn Chaldun wollte Ägypten eigentlich nicht verlassen, nahm aber schließlich doch an der militärischen Expedition teil. Durch Gerüchte über eine Revolte gegen ihn dazu veranlasst, verließ der noch junge Faradsch seine Armee in Schaam und eilte zusammen mit einem Gefolge von Ratgebern und Offizieren zurück nach Kairo. Ibn Chaldun blieb mit anderen im belagerten Damaskus zurück.

Dort kam es im Dezember 1400 und Anfang 1401 zu historischen Treffen zwischen ihm und Tamerlan (Timur Lenk), von denen er in seiner Autobiografie ausführlich berichtet. Er war Mitglied der Gesandtschaft der Bürger von Damaskus, die Tamerlan um Gnade für ihre Stadt bitten sollte. Die Treffen erstreckten sich über zwei Wochen und die Gespräche zwischen dem Eroberer und dem Intellektuellen behandelten eine Vielzahl von Themen. Tamerlan erkundigte sich bei Ibn Chaldun besonders eingehend nach den Verhältnissen in den Ländern des Maghreb, worüber Ibn Chaldun ihm einen langen Bericht schrieb, der in einen türkischen Dialekt übersetzt wurde und der heute als verloren gilt.

Ibn Chaldun kehrte dann Mitte März 1401 nach Kairo zurück. Die folgenden fünf Jahre verbrachte er in Kairo mit der Vollendung seiner Autobiografie und seiner Universalgeschichte und mit seiner Betätigung als Lehrer und Richter. Er starb am 17. März 1406, einen Monat nach seiner sechsten Ernennung zum obersten malikitischen Richter.

Anders als die meisten arabischen Wissenschaftler hat Ibn Chaldun wenig andere Werke neben seiner Universalgeschichte, dem "Kitab al-Ibar", verfasst. Auffallend ist, dass sich in seiner Autobiografie überhaupt keine Erwähnung der anderen Schriften findet, was einige Wissenschaftler als Indiz dafür werten, dass Ibn Chaldun sich selbst vor allem als Historiker ansah und ausschließlich als Autor des "Kitab al-Ibar" bekannt sein wollte.

Zu seinen Werken zählen

bullet"Die Quintessenz der 'Zusammenfassung' der Theologie" [lubab al-muhassal fi usul ad-din, لباب المحصل في أصول الدين ] datiert 1351 n.Chr. Das Original befindet sich in der Bibliothek Escorial
bullet"Die Heilung des Suchenden" [schifa as-sail, شفاء السائل] datiert 1373 in Fez
bullet"Abhandung für den sultan" [allaqa lis-sultan], Für den Sultan von Granada Muhammad V. eine Abhandlung über Logik
bullet"Buch der Hinweise, Aufzeichnung der Anfänge und Ereignisse aus den Tagen der Araber, Perser und Berber und denen ihrer Zeitgenossen, die große Macht besaßen" [kitab al-ibar wa diwan al-mubtada wa l-chabar fi ayyam al-arab wa l-adscham wal-barbar wa man asarahum min dawi as-sultan al-akbar,
كتاب العببر وديوان المبتدأ والخبر في أيام العرب والعجم والبربر ومن عاصرهم من ذوي السلطان الأكبر ]
kurz: "Kitāb al-Ibar". Es ist sein Hauptwerk. Es ist in sieben Bücher aufgeteilt, deren erstes, die "Einleitung" [muqaddima], als eigenständiges Werk gilt. Die Bücher zwei bis fünf umfassen die Geschichte der Menschheit bis zur Epoche Ibn Chalduns. In den Bänden sechs und sieben ist die Geschichte der Berbervölker und des Maghreb wiedergegeben. An der "Muqaddima" arbeitete Ibn Chaldun ein Leben lang; in der Nationalbibliothek von Tunis liegen Handschriften des Werkes mit eigenhändigen Eintragungen und Korrekturen des Verfassers, die in den bisherigen Druckausgaben bisher unberücksichtigt geblieben sind. Jenes Werk wird auch als erster Meilenstein der modernen Wirtschaftswissenschaft bezeichnet, wobei selbst Lenin nachgesagt wird, es gelesen zu haben. Es behandelt den historischen Aufstieg, Höhepunkt und Untergang von Kulturen inklusive deren Wirtschaftssysteme.

Ibn Chaldun wird aufgrund dieses Werkes der Verdienst zugesprochen, in der islamischen Kultur erstmalig eine Wissenschaft begründet zu haben, die eine genaue, auf Tatsachen basierende Analyse der islamischen Geschichte zum Gegenstand hatte. Ibn Chaldun hat mit einer eigenen Methodologie die Ursachen zu ergründen versucht, die zum Aufstieg und Untergang der arabischen Dynastien geführt haben. Während die arabisch-islamischen Geschichtsschreiber bis dahin stets bemüht gewesen sind, die historischen Ereignisse, und insbesondere die Geschichte der Dynastien in annalistischer Form und anhand früherer, mündlich und später schriftlich überlieferter Berichte darzustellen, stellt Ibn Chaldun in seinem Werk immer wieder die Frage nach den Ursachen historischer Entwicklungen, welche er gesellschaftlichen, kulturellen, klimatischen und anderen Faktoren zuordnet. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass derartige Analysen unter den Schülern der Ahl-ul-Bait (a.) durchaus gängig waren aber aufgrund ihrer Verfolgung nicht zu dem notwendigen Bekanntheitsgrad führen konnten.

Ibn Chalduns Lehre von der Zivilisation und der Kultur [ilm al-umran,علم العمران]/ umfasst ausführliche Diskussionen des Verhältnisses von ländlich-beduinischem und städtisch-sesshaftem Leben, das einen für ihn zentralen sozialen Konflikt liefert. In diesem Zusammenhang und mit Hilfe des Konzepts der "Asabiyya" erklärt er sowohl in der islamischen als auch in der nicht-islamischen Geschichte den Aufstieg und Fall von Zivilisationen, wobei auch die Religion und der Glaube die Wirkung der "Asabiyya" ergänzen und flankieren kann, wie zum Beispiel während der Herrschaft der Kalifen.

Der arabischen Begriff der "Asabiyya" [عصبيّة] wird von ihm als weit gefasster Begriff genutzt, welcher "Stammeszugehörigkeitsgefühl", "Blutsbande" und "Sippensolidarität" bis zu "Gruppengefühl" und Formen von Solidarität umfasst, die sich nicht allein auf Blutsverwandtschaft begründen. Die "Asabiyya" ist bei Ibn Chaldun eine wesentliche Voraussetzung für die Gründung und für den Erhalt der weltlichen Macht [mulk] in jeder Epoche der Geschichte. Die weltliche Macht und ihr Erhalt ist die Grundlage jeder geordneten Zivilisation.

Zahlreiche von Ibn Chalduns Ideen, Methoden und Konzepten wurden später als Vorläufer europäischer Theorien und Disziplinen angesehen. So wurden seine Erklärungen zu den Ursachen der Entstehung des Profits und des Kapitals [rasul-mal, رَأْسُ المال] als Vorläufer von Karl Marx' Werttheorie angesehen. Ibn Chaldun wurde als Gründungsvater der Geschichtswissenschaft, der Soziologie und der Politikwissenschaft präsentiert und seit dem 18. Jahrhundert von einer Vielzahl europäischer Autoren auf unterschiedlichste Arten und Weisen interpretiert.

Ibn Chaldun hat in seinem bekannten Werk "al-Muqaddima" im Kapitel über die Gesetzeswissenschaft des Islams, wie es in der Die 110. Konsultation vermerkt ist (dort wird er Ibn Chaldun al-Maghribi genannt) zum Ausdruck gebracht, dass die vier Imame der sunnitischen Rechtsschulen, bei keinem dieselbe Stellung einnehmen, welche die Imame der Prophetenfamilie bei den Schiiten hatten, denn zu ihren Lebzeiten war ihr Ansehen weit geringer als nach ihrem Tod.

Eine Statue von Ibn Chaldun wurde in Tunis aufgebaut. Sie steht unmittelbar vor der St. Vincent Kathedrale.

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