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zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.
Ramon Lull, bzw. Raimundus Lullus war ein katalanischer
Philosoph, Logiker und Theologe. Er lebte lange Zeit im
mallorquinischen Kloster Santuario de Cura. Zu seinen Studien
gehörte auch der
Islam,
wobei ihn insbesondere der Beginn einer jeden Handlung mit der
Basmala sehr beeindruckte. Er gilt als früher Begründer
der Orientalistik.
Er wurde Jahre 1232 auf Mallorca als Sohn
eines katalanischen Ritters, der unter Jakob dem Eroberer für
die Befreiung der Balearen von den
Mauren
gekämpft hatte, geboren. Als Vertrauter des Königs von Aragon
und Katalonien, gewährt ihm sein Vater eine adlige
höfisch-christliche Erziehung. Als 14-Jähriger wird er zum
Pagen des Königs ernannt, genießt die Reisen des königlichen
Hofes, reist gerne, erprobt sich in Turnieren und
Ritterspielen ebenso wie in der Liebeskunst der Trobadors.
Sinn- und Wertevermittlung erfährt er durch die ritterlichen
Ideale. Als 18-Jähriger wird Ramon Lull zum Ritter geschlagen,
wird Tutor und Lehrer seiner engsten Freunde, der Erbprinzen.
Höfische Beziehungen zu christlichen, philosophischen und
politischen Gelehrten, zu Alfonso dem Weisen, Elisabeth von
Thüringen, dem Stauferkaiser Friedrich II., ebenso wie
alltägliche Konflikte und Verführungen, Konfrontation mit
Ideen der Katharer, der Reconquista oder Werbungen zum
Kreuzzug lassen einen sensiblen kritischen Geist erwachen.
Jene Zeit wird seiner Wahrheitssuche beschrieben. Aus der
Sicht christlicher Kultur, auf dem Boden einer
maurischen Blütezeit seiner Heimat Mallorca, stellen sich
ihm Fragen nach Recht und Unrecht, nach Verständigung.
Zu dieser Zeit ist Ramon Lull auch ein gern gesehener Gast
auf allen Festen, ein gewandter Redner und Charmeur, der es
darauf anlegt, besonders den Frauen zu gefallen. Als
24-Jähriger überträgt ihm der König neue Verantwortung, er
wird zum Seneschall ernannt, zum ’Major Domo‘ des Freundes und
Erbprinzen von Mallorca, Prinz Jaume. Die Reise des Hofstabs
zu König Alfonso von Kastilien und Leon, genannt ’der Weise‘
und die Besichtigung des Klosters Cuixa mit seiner Bibliothek
und Buch-Herstellungsfabrikation, Buchmalerei etc. lassen in
ihm dichterische Vorlieben entstehen, wobei erste Notizen,
Dichtungen von Liebe, Last und Minnesang entstehen.
Lull tritt in eine Phase intensiven Lesens und Studierens.
Der ihm väterlich gesonnene König Jaume I. erkannte Lulls
besondere intellektuelle Fähigkeiten aber auch dessen
Schwächen sehr früh und wusste beides stets klug zu
kanalisieren. So betraute er ihn mit dem Aufbau der
königlichen Bibliothek und verheirate ihn mit Blanca Picany.
Aus der Ehe entstammten zwei Kinder.
Von 1256 bis 1262 weilte Ramon Lull häufig bei seiner
Familie auf Mallorca, die politischen Machtbestrebungen,
Erbstreitigkeiten unter den Prinzen missfielen ihm. Er wandte
sich den sozialen Problemen der Menschen zu, engagierte sich
als Vermittler bei Streitigkeiten zwischen den auf Mallorca
lebenden
Christen,
Muslimen und Juden.
Als 30-Jähriger soll eine Erscheinung
Jesu
(a.) ihn in die Einsiedelei auf den Berg Randa geführt
haben, wo er in Meditation und Kontemplation verharrt. Sein
Vorbild wird Franciscus von Assisi. Als initiierter
Franziskaner macht sich Lull auf die Pilgerreise nach Santiago
de Compostela. Zweifel und Versuchungen überwindet er
endgültig in Montserrat. Sein Lebensweg steht zunächst im
Auftrag der Gotteserkenntnis, Wahrheitssuche im Kampf zwischen
Toleranz und Missionsauftrag. Dabei formuliert er sein
Lebensziel: Versöhnung der drei monotheistischen Religionen.
Nicht Gegensätzliches, sondern das Gemeinsame der Religionen
zu erkennen, das Wahre, das Wesentliche, ist sein Schwerpunkt,
welches in "Der Heide und die drei Weisen" zum Ausdruck
bringt. Die drei Weisen (ein
Jude,
ein
Christ und ein
Muslim)
sind in seinem Werk vom gemeinsamen Wunsch beseelt, die
Grundlage für eine universelle Religion zu finden, denn sie
sind davon überzeugt, dass die Gestaltung des Gemeinwesens und
die Beziehungen zwischen Staaten nur harmonisch sein können,
wenn eine solche gemeinsame Grundlage gefunden wird.
Insbesondere der Beginn einer jeden Handlung mit der
Basmala durch die
Muslime beeindruckte ihn sehr.
Ramon Lull entwickelt Realisierungsstrategien. Der
arabische
Sklave
Abdeslam wurde sein Lehrer. Er lernt
Arabisch und studiert u.a. die Wissenschaften des
Islam
in den Schriften von
Abu
Hamid Ghazzali,
Averroes und
Avicenna. Lull wurde bald ein berühmter Gelehrter
und Vertrauter des von ihm erzogenen Jakob II., er
unterrichtete an der Pariser Sorbonne und nahm am Konzil von
Vienne teil. Dort setzte er sich für die Einrichtung von
Lehrstühlen für Hebräisch,
Arabisch und Chaldäisch an den Universitäten Paris,
Oxford, Bologna und Salamanca ein, was ihn zu einem Begründer
der westeuropäischen Orientalistik machte.
Intrigen bewegen Abdeslam zu einem Attentat auf seinen
langjährigen Freund und Herrn. Lull überlebt, zieht sich in
die Höhle von Randa zurück, wo er wiederum meditiert.
In jener Zeit entsteht seine Schrift zur mystisch
poetischen Gottesliebe (”Vom Liebenden und vom Geliebten“) und
die Suche nach intellektueller Begründbarkeit des christlichen
Glaubens wachsen in Ramon Lull parallel. Dieses Werk Lulls ist
stark vom islamischen
Sufismus beeinflusst.
Trotz Rückzug aus dem profanen Leben findet Lull immer
wieder die Unterstützung des königlichen Freundes. 1276 kann
er das Kloster Miramar gründen, ein Ort der Schulung für
Mönche, die seine Ideen zur Verständigung mit dem Fremden
realisieren sollen. Ramon Lull unternimmt umfangreiche Reisen,
nach Avignon, Pisa, Paris, Rom, Neapel,
Jerusalem und Budschia (Nordafrika) - lehrt an
Universitäten, erweitert seine Kenntnisse der arabischen
Medizin, Alchemie und Philosophie, begeistert sich für die
Kunst der
Sufis,
stellt sich der Kritik und Diskussion von Päpsten und Königen
und versucht selbst immer wieder im Dialog mit Andersgläubigen
seine Theorien in die Praxis umzusetzen.
1314 begab er sich im Auftrag Jakobs II. auf eine Reise
nach Tunis. Auf dieser Reise wurde er 1315 von einer
aufgebrachten Menge Moslems in Bougier (Algerien)
gesteinigt. Ihm gelang die Flucht. Als 84-Jähriger erliegt er
Anfang 1316 den Folgen einer Steinigung, auf dem Schiff von
Tunis nach Mallorca. Seine Grabstätte befindet sich in der
Basilika Sant Francesc in Palma. Der Grund seiner Steinigung
wird in den Quellen nicht angegeben. Es könnte aber damit
zusammenhängen, dass er gegen Ende seines Lebens durchaus eine
"Mission mit dem Schwert" (missio per gladium) vertrat.
Kurz nach seinem Tod setzte die katholische Inquisition
verschiedene Schriften Lulls auf den Index der verbotenen
Bücher. Ramon Lull wurde verdächtigt, den christlichen Glauben
’mit notwendigen Gründen’ rational beweisen und dadurch den
Glauben abschaffen zu wollen. Allen voran bekämpfte der
spanische Dominikaner-Inquisitor Nikolaus Eymerich den
’Häretiker’ und seine Lehre als ’Eingebungen des Teufels’. In
den Jahrhunderten, in denen Lulls Schriften offiziell verboten
waren, wurden seine Werke heimlich studiert und kopiert.
Später wurde Lull rehabilitiert und 1847 bestätigte Papst Pius
IX. die Seligsprechung.
Im Volk wurde Ramon Lull schon bald nach seinem Tode wie
ein Heiliger verehrt, spätestens als 1350 bei einer
Feuersbrunst in der San-Francisco-Kirche in Palma sein Grab
verschont blieb.
Von seiner Lehre ist u.a. hinterbleiben, dass er als Logik
bezeichnete Lullus die Kunst und die Wissenschaft, mit Hilfe
des Verstandes
Wahrheit und Lüge zu unterscheiden,
Wahrheit zu akzeptieren und Lüge von sich zu weisen.
Diese Kunst, die er "große Kunst" nannte und gleichzeitig
der Titel für sein Werk Ars magna (dt.: "Große Kunst") wurde,
lief auf die Idee des mechanischen Kombinierens von Begriffen
mit Hilfe einer logischen Maschine hinaus. Lullus selbst
konstruierte eine solche "logische Maschine", die aus sieben
um ein Zentrum drehbaren Scheiben bestand. Auf jeder dieser
Scheiben waren Wörter notiert, die verschiedene Begriffe, z.B.
Mensch, Wissen, Wahrheit, Ruhm, Wohl und Quantität, logische
Operationen, z.B. Unterschied, Übereinstimmung, Widerspruch
und Gleichheit, bezeichneten. Durch das Drehen dieser
konzentrischen Scheiben ergaben sich verschiedene
Verknüpfungen von Begriffen, die Schlussformen des
syllogistischen Prinzips entsprachen. Prinzipiell kan die
Lullsche Maschine als erster Computer der Welt bezeichnet
werden.
Ramon Llull schrieb weit über 265 Werke in lateinischer,
arabischer und altkatalanischer Sprache.
Lull gliederte die Wissenschaften in L'arbre de ciència (um
1295/96, veröffentlicht in lateinischer Sprache 1482)
systematisch, wofür er die Allegorie des Baumes nutzte; diese
Metapher wurde erstmals durch Petrus Hispanus († 1277) unter
dem Begriff Arbor porphyriana in die Wissenschaftsgeschichte
eingeführt. Bei Lull repräsentieren vierzehn Bäume die
Seinsbereiche wie Elemente, Botanik, Tiere, Sinnesempfindung,
Imagination, Moral, Gesellschaftslehre usw.; in zwei weiteren
Bäumen werden diese Bereiche durch Beispiele (Exempla) und
Sprichworte (Bonmots) veranschaulicht. Jeder Baum hat wiederum
eine siebenteilige Binnengliederung, bestehend aus Wurzel,
Stamm, Ästen, Zweigen, Blättern, Blüten und Früchten.