Medizin
  Medizin

Aussprache: tibb
arabisch:
طب
persisch:
پزشکی
englisch:
Medicine

.Bücher zu Medizin im Islam finden Sie im Verlag Eslamica.

Die Medizin bzw. Heilkunst ist die Wissenschaft, die sich mit der Gesundheit, der Vorbeugung, Erkennung und Behandlung von Krankheiten und Verletzungen sowie mit Zeugung, Schwangerschaft, Geburt und Ableben befasst. Sie gilt als eine der wichtigsten islamischen Wissenschaftsdisziplinen und vereint Betrachtungen des materiellen Körpers mit der Betrachtung der Seele [nafs] mit Hilfe des Prinzips der Einheit [tauhid].

Ausgehend von einer Überlieferung des Propheten Muhammad (s.), dass es keine Krankheit gibt, für die es nicht auch eine Heilung gäbe, hat der Beruf des Arztes bereits sehr früh in der islamischen Geschichte ein sehr hohes Ansehen genossen und wurde gefördert. Krankenhäuser und daran gekoppelt Forschungseinrichtungen der Medizin entstanden in den großen Städten der islamischen Welt bereits in der Frühphase des Islam.

Aus der Sicht des Islam bildeten aber Religion und Medizin stets eine Einheit: Religion zur Läuterung bzw. Heilung der Seele und Medizin, um den Körper gesund zu wahren bzw. von Erkrankungen zu heilen. Zudem sollte der aufrichtige Glaube den Arzt bzw. Wissenschaftler dazu bringen, sein Wissen auf beste Weise und im Dienst der Menschen einzusetzen und ihn davor bewahren, wissenschaftliche Erkenntnisse zu missbrauchen. Nich zuletzt half die Religion dem Arzt, die berufsbedingten Schicksalsschläge besser zu verkraften ohne abzustumpfen.

Die islamische Medizin sieht den Ursprung vieler Krankheiten in einer falschen Ernährung und die Speiseregeln und Empfehlungen nehmen eine breiten Raum in der islamischen Medizin ein. So lehnt der Heilige Qur'an unter anderem Völlerei ab. In einer Überlieferung heißt es dazu: "Der Magen ist die Wohnstätte aller Krankheiten und Enthaltsamkeit ist die beste Medizin".

Auch die Hygiene gilt als Baustein der Medizin, auf die praktizierende Muslime großen Wert legen. Dazu gehört z.B. die Reinigung der Urin- und Kotaustrittstellen stets mit Wasser.

Zwei Lebensmittel werden im Heiligen Qur'an als Heilmittel gepriesen: Honig (vgl. 16:68-69) und Milch (16:66). Während einer Krankheit wird der Muslim von manchen religiösen Verpflichtungen [wadschib] temporär entbunden bzw. erhält Erleichterungen bei der Praktizierung.

Im Zusammenhang mit Krankheiten heißt es über Abraham (a.): "Und wenn ich krank bin, heilt Er mich." (vgl. Heiliger Qur'an 26:80). Diese Aussage wird als Hinweis darauf verstanden, dass der Kranke zwar zum Arzt gehen und seinen Anweisungen Folge leisten, er aber letztendlich Heilung allein vom ALLAH erwarten sollte und dass ein wahrer Heilungsprozess Körper und Seele [nafs] gleichermaßen einschließen muss.

Gemäß islamischen Geschichtsschreibern wurde die erste medizinische Klinik zu Lebzeiten des Propheten Muhammad (s.) gegründet, die sich unter anderem mit schweren Verletzungen befasste. Ebenso wurden zwischenzeitlich Lazarette an den Verteidigungsfronten errichtet. Dabei spielte der Einsatz von Frauen eine wichtige Rolle. Selbst der Prophet Muhammad (s.), der mehrere Male an der Front verletzt wurde, wurde von seiner Tochter Fatima (a.) mit damals üblichen pflanzlichen Heilmitteln behandelt und gepflegt.

In der Zeit nach dem Propheten Muhammad (s.) entwickelte sich die Heilkunst weiter. In den Großstädten wurden große Krankenhäuser errichtet, in denen Fachärzte arbeiteten. Zur Zeit des Abdulmalik ibn Marwan wurde die ersten Medizinische Akademie zur Erforschung von Lepra in Damaskus errichtet. Auch wenn muslimische Ärzte zunächst die Arbeiten berühmter griechischer Ärzte wie Jalinus oder Apokrat genauestens studierten, entwickelten sie diese doch weiter und erlangten neue Behandlungsmethoden. Ibn Ishaq (gest. 897 n.Chr.), einer der führenden islamischen Historiker, gibt in seiner Schrift "Al-Tarich Al-Ya’qubi" (Bd. 1) eine Zusammenfassung der medizinischen Abhandlungen des Apokrat wieder, was beweist, dass Muslime Zugang zu diesen Werken hatten.

Im frühen neunten Jahrhundert wurde in Bagdad ‘das Haus des Wissens’ [bait al-hikmah] mit eigener Bibliothek zur Übersetzung und Auswertung von wissenschaftlichen Texten ins Leben gerufen. Der berühmteste Übersetzer war Hunayn bin Ishaq Al-Ibadi, ein syrisch sprechender Christ aus dem Südirak, der auch der griechischen und arabischen Sprache mächtig war. Er war Autor vieler medizinischer Abhandlungen und Leibarzt des Kalifen Mutawakkil, der im Alter von siebzehn Jahren zu übersetzen begann. Juhanna (John) bin Masweih war der erste Anatomist zur Zeit des Musta'sim, eines abbasidischen Kalifen, der zum ersten Mal einen zu diesem Zweck aus dem Zoo des Herrschers geholten Affen sezierte.

Al-Razi (lat. Rhazes) (865-932 n.Chr.) wird ebenso als großer Alchemist und muslimischer Philosoph seiner Zeit gefeiert. Al-Razis zwei bedeutende medizinische Arbeiten sind "Kitab Al-Mansuri", das er für den Herrscher von Rayy (Südteheran) Manur ibn Ishaq verfasste und welches im Westen durch Gerard v. Cremonas lateinische Übersetzung sehr bekannt wurde und "Kitab Al-Hawi", in dem er über griechische, syrische, früh arabische und ebenso indische Heilkunst berichtete, wobei er zu jedem Kapitel einen Kommentar abgab und mit eigenen Erkenntnissen ergänzte. Unter seinen kürzeren Abhandlungen ist die Behandlung von Windpocken und Masern zu erwähnen, die ins Lateinische, Byzantinische und weitere Sprachen übersetzt wurde.

Als einer der bekanntesten muslimischen Ärzte seiner Zeit gilt Avicenna [ibn sina].

Ibn Al-Nafis, bekannt als Anatomist, brachte in seinem interessanten Werk, das ebenso als Erläuterung zu Avicennas Kanon der Medizin verfasst war, seine Forschungsergebnisse zum Ausdruck, dass man nicht ohne weiteres von der Anatomie des Tieres auf die des Menschen ableiten kann.

Ali ibn Isa al-Baghdadi galt als der größte Augenarzt des Mittelalters. Ebenso Ammar Al-Museli zur Zeit der Fatimiden oder Ibn Al-Haitham, der tiefgreifende Forschung auf dem Gebiet der Augenheilkunde betrieb und bestimmten Teilen im Auge Namen gab, die heute noch benutzt werden.

Auf dem Gebiet der Chirurgie, der in den islamischen Akademien große Bedeutung gewidmet wurde, fällt Abu Al-Qasim Al-Zahrawi auf, der seine langjährigen Studien in Theorie und Praxis in dem Buch "Al-Tasrif li-Man Adschaza an-al Ta’lif" zusammenfasste, einer Art Enzyklopädie der Medizin aus dreißig Kapiteln, deren 30. Kapitel speziell über Chirurgie in viele Sprachen übersetzt wurde.

Zu erwähnen ist noch Abu Al-Hasan Al-Tabari, der erste Mediziner, der die Tuberkulose als Epidemieerkrankung sowie dass sie nicht nur die Lunge, sondern den ganzen Körper in Mitleidenschaft zieht, erkannte.

Aber auch zeitgenössische Gelehrte haben sich umfassend mit der Medizin befasst, wie z.B. Imam Chomeinis Sicht der Medizinischen Ethik.

Einige medizinische relevante Rechtsurteile [fatwa] werden im Folgenden zusammen gefasst:

bulletTransplantation von Organen ist erlaubt, wenn die spendende Person ihr Einverständnis gibt oder diesen Wunsch im Testament bekundet hat.
bulletAbtreibung wird in allen islamischen Schulen streng verboten, es sei denn das Leben der Mutter ist in Gefahr.
bulletDas Einfrieren von Sperma ist erlaubt, die Einrichtung von Spermienbanken dagegen verboten. Erlaubt ist die Befruchtung außerhalb der Gebärmutter, wenn es sich beim Spender um den Ehemann der Ehefrau handelt.
bulletDas Wechseln des Geschlechts (von Mann zu Frau und umgekehrt) durch chirurgische Eingriffe ist für Transsexuelle erlaubt.
bulletDas Einnehmen von Schwangerschaftsverhütungsmitteln ist erlaubt, wenn Frau und Mann damit einverstanden sind; unter bestimmten eng definierten Umständen auch ohne Einverständnis des Mannes.
bulletBehandlungen müssen immer derart erfolgen, dass unnötige Betrachtungen des Schambereichs [aura] unterlassen werden.

Mehr dazu siehe auch: Fatwas zu medizinischen Angelegenheiten von Imam Chamenei.

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