Alois Musil
Alois Musil

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englisch: Alois Musil

30.6.1868 - 12.4.1944

Bild: 1898

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Alois Musil war ein bedeutender österreichisch-tschechischer Orientalist, Theologe, Geograph und gilt als einer der letzten großen europäischen Universalgelehrten des späten 19. und frühen 20. Jh. n.Chr.. Während des Ersten Weltkrieges wurde er zeitweilig zum Gegenspieler von T. E. Lawrence (Lawrence von Arabien).

Er wurde am 30. Juni 1868 in Rychtarov einem kleinen Dorf in Mähren, als Sohn eines Bauern geboren. Nach der Schulausbildung studierte er römisch-katholische Theologie an der Universität Olmütz. 1891 wurde er zum Priester geweiht, 1895 erlangte er den Doktorgrad der Theologie. Zunächst beschäftigte sich Alois Musil mit tschechischer Religionsgeschichte im 17. und 18. Jh., widmete sich jedoch bald grundsätzlichen Religionsfragen. Vor allem interessierten ihn die Wurzeln des Monotheismus im Christentum, Judentum und Islam.

1895 begann er ein Studium orientalischer Sprachen an der École biblique der französischen Dominikaner in Jerusalem, 1897–98 studierte er an der Jesuiten-Universität Beirut, 1899 in London, Cambridge und Berlin. Von 1902 bis 1909 war er Professor für alttestamentliche Bibelstudien an der Universität Olmütz, 1909-20 Professor für biblische Hilfswissenschaften und Arabisch an der Universität Wien, 1920-1938 Professor für Orientalistik an der Universität Prag, wo er das orientalische Institut begründete.

Musil unternahm nach 1895 eine Reihe ausgedehnter Forschungsreisen durch Arabien. Der Erzbischof von Olmütz, Theodor Kohn, ermöglichte Musil mit einem großzügigen Stipendium umfangreiche Bibelstudien. In Jerusalem forschte Musil in den 1890er Jahren in der Bibliothek der französischen Dominikaner, in Beirut an der St. Josef-Universität, einer jesuitischen Institution. Während dieser Zeit unternahm er eine Reihe von Forschungsreisen zu biblischen Orten im Nahen Osten, die von der tschechischen Akademie der Wissenschaften finanziert wurden. Seit 1909 war Musil Professor für Biblische Hilfswissenschaften und arabische Sprachen an der Theologischen Fakultät der Universität Wien. In dieser Zeit entwickelte er eine enge Beziehung zum Haus Habsburg. 1912 unternahm er mit Prinz Sixtus von Bourbon-Parma, dem Bruder der Thronfolgergemahlin und späteren Kaiserin Zita, eine gemeinsame Orientreise.

Sein Kartenwerk Arabia Petraea, 1907 veröffentlicht, bildete eine erste wissenschaftliche Bestandsaufnahme der nabatäischen Altertümer, unter anderem der Ruinen von Petra. Später veröffentlichte er ein monumentales Werk über Qusair Amra, dessen Entdeckung ihm zugeschrieben wird, und andere Schlösser der Umayyaden. Von 1898 bis 1935 war Musil, der Schriften in tschechischer, deutscher und arabischer Sprache veröffentlichte, als Professor an verschiedenen Hochschulen in Olmütz, Wien und Prag tätig.

Während des Ersten Weltkrieges unternahm er im Auftrag des österreichischen Kaisers Franz Joseph in den Jahren 1914/15 und 1917 Reisen ins Osmanische Reich. Er sollte zwischen dem Hof in Istanbul, der mit Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich verbündet war und den arabischen Fürsten vermitteln, die mit den Engländern sympathisierten. Es gelang ihm zumindest, die nordarabischen Stämme vom direkten Aufstand abzuhalten. Dadurch kamen die Bemühungen seines Gegenspielers auf britischer Seite, Thomas Edward Lawrence (Lawrence von Arabien) erst zum Erfolg, als sie für den Kriegsausgang nicht mehr entscheidend waren.

Ursprünglich beabsichtigte Musil nach dem Ersten Weltkrieg in Wien zu bleiben. Aufgrund seiner klaren Zuordnung zur tschechischen Kultur wurde ihm eine Fortführung des Dienstverhältnisses an der Universität durch die Republik Österreich nicht in Aussicht gestellt. Musil zog daher in die Tschechoslowakei. Von 1920 bis 1935 war Musil Professor für orientalische Hilfswissenschaften und Arabisch an der Philosophischen Fakultät der Universität Prag. Zwischen 1923 und 1928 reiste er mehrfach in die USA, um die Veröffentlichung seiner Werke in englischer Sprache voran zu bringen. Bis 1928 erschienen sechs Bände mit Musils Forschungsergebnissen in der Reihe "Oriental Explorations and Studies" der "American Geographical Society".

In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen konnte Alois Musil Unternehmer für Investitionen im Nahen Osten gewinnen, was unter anderem zu den Skoda-Werken im heutigen Syrien geführt hat.

Musil blieb zeitlebens ein Beobachter der Verhältnisse im Vorderen Orient. Er publizierte immer wieder darüber und hielt dazu auch Vorlesungen am Prager Technologischen Institut. Als Priester und Theologe beteiligte er sich zudem immer wieder an bibelwissenschaftlichen Diskussionen. In seinem öffentlichen Engagement für den Nahen Osten ließ Musil nicht nach. Die tschechische Regierung trat in die Fußstapfen der untergegangenen Donaumonarchie und tschechische Unternehmen investierten in die Länder des Nahen Ostens. Musil spielte hier eine entscheidende Rolle, denn er besaß nicht nur hervorragende Kontakte in den Orient, sondern auch Beziehungen zum tschechischen Ministerium für Außenhandel.

Während seiner Prager Jahre lebte Musil im Kloster der Barmherzigen Brüder. Er starb  am 12. April 1944 in Otryby südlich von Prag. Sein umfangreicher wissenschaftlicher Nachlass umfasst 39 Bücher und mehr als 1240 Aufsätze.

Immer wieder wird angegeben, dass sich Musil Zeit seines Lebens für einen Dialog mit dem Islam eingesetzt habe. Wie er selbst bekannte, war er in den 1890er Jahren in seiner tschechischen Heimat ursprünglich ein begeisterter Anhänger des Zionismus. Seine Reisen in die arabische Welt ließen ihn jedoch sein Weltbild revidieren. Er erkannte frühzeitig ein bis heute aktuelles Problem: Der Zustrom von Kolonisten im missbrauchten Namen des Judentums nach Palästina führe zu einer langfristigen Verarmung der arabischen Landbevölkerung.

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