Auf fernen Meeren

Auf fernen Meeren

Tagebuchfragmente und Briefe

1924 n.Chr.

Pierre Loti

Inhaltsverzeichnis

An Bord des »Tonnerre«.

Lorient, Februar 1878.

Mein Freund Hassan schreibt mir: »In Erinnerung an unser Kennenlernen vor genau einem Jahr auf den Felsen des Cap Sigri« ...

Ich erinnere mich noch genau jenes seltsamen Séjours, der die letzte Rast unserer türkischen Fahrt bedeutete.

Wir waren, Hassan und ich, zum Hochzeitsfest vom Sohne des Scheiks gebeten worden. Dies Hochzeitsfest währte drei Tage und ward durch einen unvorhergesehenen Zwischenfall ins Tragische gewendet, denn mitten in den Festesrausch brachte ein Grieche die Kunde, daß die Franzosen, den Russen verbündet, sich Sigris bemächtigen wollten.

Es war eine von den herrlichen Frühlingsnächten des Orients, diese letzte, die sich so bewegt gestaltete. Des Mondes Licht fiel voll auf die mächtigen Felsen von Mytilene, und, so weit das Auge reichte, auf das blaue Mittelmeer.

Ich sehe mich noch, wie ich, mitten durch diese Nacht, gelaufen bin wie ein Toller, mit aller Schnelligkeit, deren ich fähig war, von Stein zu Stein gesprungen bin, meinen Turban verlor, meinen Gurt am Gestrüpp zu Fetzen riß. Und hinter mir Hassan, der mir nicht folgen konnte, keuchend und schreiend. Und das Ganze hätte ungeheuer komisch angemutet, wenn nicht einiger Menschen Leben auf dem Spiel gestanden hätte.

Während zwanzig Minuten rasender Lauf: Dann erreichte ich ein Häuflein Bergbewohner, die ganze Bevölkerung von Sigri war es. Sie liefen auch, und trugen sämtlich Bogen, Yatagane, Stöcke und Gabeln, kurz alle Waffen, die ihnen beim jähen Aufbruch der Zufall in die Hand gespielt hatte.

Ich richtete türkische Worte an sie, – und es war hohe Zeit: vor uns über die Felsen kam eine schwarze Masse nah und näher: Die französischen Matrosen des »Gladiateur«.

Als das Mißverständnis aufgeklärt war, endigte alles in heiteren Scherzen, und bei frohen Dudelsackklängen kamen wir ins Dorf zurück, während die Matrosen sich in der Bucht von Aiguade einschifften. –

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