Joinville, 30. April 1875.
Unsere »Golobande« hält treue Freundschaft mit den
Organisatoren der Turnschule. Das sind teils Feldwebel, teils
Quartiermeister, brave Jungen mit rechtschaffenen Herzen,
offenen intelligenten Gesichtern und all der sorglosen
Fröhlichkeit, die gesunder Jugend eigen ist.
An jedem Abend ist Rendezvous beim »Springenden Kaninchen«,
einer Soldatenkneipe tief in einem Garten, der von Rosen und
Syringen duftet. Erst aber ordnet sich der Zug bei mir: Man
kostümiert sich, tauscht die Kleider, und so entstehen neue
Feldwebel, andere Matrosen, aber auch Lumpensammler, lustige
Figuren, Zirkusclowns und Kunstreiter, ganz unwirkliche
Verkleidungen einer Schar wirklicher Menschen ...
Mit den trefflichen Boxerregeln, die wir alle innehaben,
und mit der Herkuleskraft unserer Turner dringen wir überall
durch, sind überall gefürchtet, überall Herren und Meister.
Unser Bundeslied ist eine frohe Weise, und allabendlich
klingt sie auf, wenn die Turner über die blühenden Wiesen
hinauf zur Festung ziehen.
Oft werde ich sie zurückwünschen, diese Zeit voll Jugend
und Lebenskraft, und all die frohe Heiterkeit, die wie ein
Taumel auf mir liegt, – selbst unserer kindlichen Spiele im
Wald von Vincennes werde ich denken, wo die Pariser uns
leichtem zwanglosen Völkchen zugejubelt haben. Und stets werde
ich mir unsere braven Turner vor Augen halten, die zu jedem
meiner abgeschmackten Scherze zu haben sind, und die, gleich
mir, beim geringsten Anlaß Freude empfinden, wie sie ähnlich
sonst nur Kindern eigen ist.
Das »Spiel in vier Winkeln« beispielsweise, das meinem
Erfindergeist sein Dasein verdankt, ist ganz besonders
gelungen. Um es zu inszenieren, rotten wir uns am Sonntag in
zahlreiche Gruppen, mindestens zwölf an der Zahl. Doch muß man
für dieses Spiel einen Platz zu finden wissen, an dem bereits
zahlreiche Krämerfamilien ihr ländliches Frühstück verzehren.
Denn dann das durch uns verursachte tolle Durcheinander dieser
Leutchen zu sehen, wirkt ungeheuer belustigend.
Jeden Sonntagabend erneut sich das gleiche heitere
Schauspiel: Die Ausflügler aus Paris stürzen zur Bahn, um den
Zug nicht zu versäumen und dadurch nicht gezwungen zu sein, in
Joinville zu übernachten. Von unserem Balkon aus, dem Bahnhof
gegenüber, können wir uns herrlich über sie lustig machen. Es
freut uns sogar zuweilen, die letzten Nachzügler mit den
Resten unseres Abendbrotes zu bewerfen, das sind
Spargelstümpfe, Eierschalen und dergleichen liebliche Dinge
mehr. Die Leutchen ärgern sich zuweilen, und, im Zweifel
darüber, ob Rache hier wichtiger ist als das Erreichen des
Zuges, wenden sie sich, drohen mit der Faust, und laufen dann
nur um so schneller, was unsere Freude noch größer macht.