Zivilisation und ...

Azmi Efendis Gesandtschaftsreise an den preußischen Hof

Ein Beitrag zur Geschichte der diplomatischen Beziehungen Preußens zur Hohen Pforte unter Friedrich Wilhelm II.

Dissertation Otto Müller 1918 n.Chr.

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Karajuwa

Von dem genannten Dorfe ist Karajuwa nur zehn Stunden entfernt \Veil aber die Wege sehr bergig und schlammig waren, und außerdem auch die Pferde, wie oben gesagt ist, ohne Kraft waren, so daß Karajuwa sicher in einem Tage nicht zu erreichen war, so übernachteten wir eine Nacht in einem von Karajuwa fünf Stunden entfernten, ziemlich verfallenen Dorfe.

Am folgenden Tage, gegen Abend gelangten wir dann glücklich nach Karajuwa hinein und in die Herberge, die man uns bereitet hatte. Da wir, um nach Preußen zu kommen, auf jeden Fall mitten durch Österreich reisen mussten, so hatte der in Wien bevollmächtigte preußische Gesandte mit gutem Vorbedacht zuvor schriftlich vom römischen Kaiser eine Erlaubnisurkunde für unsere Durchreise erbeten und daraufhin waren von dem genannten Kaiser an alle in Betracht kommenden Stellen Befehle ausgegangen, dass während unserer Reise für uns sowie unser Gefolge und Gepäck gegen eine entsprechende Summe Geldes unsererseits Pferde und Wagen geliefert werden sollten, um uns sicher und wohlbehalten an die preußische Grenze kommen zu lassen. Durch einen vorher von Konstantinopel nach Berlin abgehenden Kurier, der am Tage unserer Überfahrt nach Kalafat zurückkehrte, gelangte die Abschrift eines der erwähnten Befehle, der einem Briefe des genannten Gesandten beigelegt war, in unsere Hand.

Bei unserer Ankunft in Karajuwa kam von dem dort sich befindenden österreichischen General ein Major zu uns Nachdem er uns nach dem üblichen Zeremoniell bewillkommnet hatte, fragte er! „Besitzen Sie einen Pass aus Konstantinopel, der Ihnen die Durchreise durch Österreich erlaubt?'' Worauf ich ihm erklärte: "Aus Konstantinopel besitzen wir zwar keinen Pass, doch sind wie oben ausführlich dargelegt ist - vom Kaiser Befehle erlassen, und die Abschrift eines derselben ist uns zugeschickt worden."

Dabei zeigte ich ihm diese Abschrift Indem er nun erwiderte: „Wenn Sie erlauben, möchte ich sie zu dem General, Ihrem Freunde, bringen*', nahm er sie und brachte sie zu dem General. Da noch keine Kunde von den auf die beschriebene Art erlassenen Befehlen zu dem erwähnten General gelangt war, so war er unschlüssig, was er tun sollte. Sowie jedoch aus Bukarest ein den Inhalt des Befehls verbürgendes Schriftstück kam, schrieb er sofort ein kurzes Schreiben und lief es zusammen mit der AbSchrift, die wir ihm zugeschickt hatten, uns zustellen.

Weil nun in seinem Schreiben stand, dass es für uns nötig sei, fünf bis zehn Tage in Karajuwa in Quarantäne zu bleiben, so beschlossen wir, vom Tage unserer Ankunft an acht Tage lang ein Zusammenkommen mit anderen Menschen zu vermeiden, dadurch, dass wir uns ganz in unserem Absteigequartier aufhielten. Am fünften Tage nach unserem Eintritt in die Quarantäne kam wieder ein Mann von dem erwähnten General und meldete, nachdem er nach unserem Zustand und Befinden gefragt hatte, dass wieder aus Bukarest ein Schreiben gekommen sei des Inhalts, dass, weil in Konstantinopel keine Krankheit herrsche, ein weiteres Verbleiben in der Quarantäne nicht erforderlich sei, und dass für den Tag, an dem wir weiterzureisen wünschten, Pferd und Wagen bereitgehalten würden. Gleich darauf kam auch der General selbst in unser Haus und entschuldigte sich, indem er als Erklärung vorbrachte: „Für Sie wäre ein Quarantäne-Aufenthalt nicht nötig gewesen. Aber hätten wir jetzt Sie dem nicht unterzogen, so hätte das bei der Bevölkerung Anstoß und Ärgernis erregt."

Mit Rücksicht darauf, dass das Gebiet der Walachei bei Orsowa zu Ende geht, wurde in Karajuwa noch ein Tag Rast gehalten für die Bereitschaffung der bis Orsowa nötigen Wagen und zur Beschaffung von Reis und anderen notwendigen Sachen, die während der Reise nicht anzufinden sein würden. Am nächsten Tage wurde uns beim Aufbruch nach Orsowa als sicheres Geleit dorthin ein Kapitän mit 5 oder 6 berittenen Leuten zugeteilt.

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