Karajuwa
Von dem genannten Dorfe ist Karajuwa nur zehn Stunden
entfernt \Veil aber die Wege sehr bergig und schlammig waren,
und außerdem auch die Pferde, wie oben gesagt ist, ohne Kraft
waren, so daß Karajuwa sicher in einem Tage nicht zu erreichen
war, so übernachteten wir eine Nacht in einem von Karajuwa
fünf Stunden entfernten, ziemlich verfallenen Dorfe.
Am folgenden Tage, gegen Abend gelangten wir dann glücklich
nach Karajuwa hinein und in die Herberge, die man uns bereitet
hatte. Da wir, um nach Preußen zu kommen, auf jeden Fall
mitten durch Österreich reisen mussten, so hatte der in Wien
bevollmächtigte preußische Gesandte mit gutem Vorbedacht zuvor
schriftlich vom römischen Kaiser eine Erlaubnisurkunde für
unsere Durchreise erbeten und daraufhin waren von dem
genannten Kaiser an alle in Betracht kommenden Stellen Befehle
ausgegangen, dass während unserer Reise für uns sowie unser
Gefolge und Gepäck gegen eine entsprechende Summe Geldes
unsererseits Pferde und Wagen geliefert werden sollten, um uns
sicher und wohlbehalten an die preußische Grenze kommen zu
lassen. Durch einen vorher von Konstantinopel nach Berlin
abgehenden Kurier, der am Tage unserer Überfahrt nach Kalafat
zurückkehrte, gelangte die Abschrift eines der erwähnten
Befehle, der einem Briefe des genannten Gesandten beigelegt
war, in unsere Hand.
Bei unserer Ankunft in Karajuwa kam von dem dort sich
befindenden österreichischen General ein Major zu uns Nachdem
er uns nach dem üblichen Zeremoniell bewillkommnet hatte,
fragte er! „Besitzen Sie einen Pass aus Konstantinopel, der
Ihnen die Durchreise durch Österreich erlaubt?'' Worauf ich
ihm erklärte: "Aus Konstantinopel besitzen wir zwar keinen
Pass, doch sind wie oben ausführlich dargelegt ist - vom
Kaiser Befehle erlassen, und die Abschrift eines derselben ist
uns zugeschickt worden."
Dabei zeigte ich ihm diese Abschrift Indem er nun
erwiderte: „Wenn Sie erlauben, möchte ich sie zu dem General,
Ihrem Freunde, bringen*', nahm er sie und brachte sie zu dem
General. Da noch keine Kunde von den auf die beschriebene Art
erlassenen Befehlen zu dem erwähnten General gelangt war, so
war er unschlüssig, was er tun sollte. Sowie jedoch aus
Bukarest ein den Inhalt des Befehls verbürgendes Schriftstück
kam, schrieb er sofort ein kurzes Schreiben und lief es
zusammen mit der AbSchrift, die wir ihm zugeschickt hatten,
uns zustellen.
Weil nun in seinem Schreiben stand, dass es für uns nötig
sei, fünf bis zehn Tage in Karajuwa in Quarantäne zu bleiben,
so beschlossen wir, vom Tage unserer Ankunft an acht Tage lang
ein Zusammenkommen mit anderen Menschen zu vermeiden, dadurch,
dass wir uns ganz in unserem Absteigequartier aufhielten. Am
fünften Tage nach unserem Eintritt in die Quarantäne kam
wieder ein Mann von dem erwähnten General und meldete, nachdem
er nach unserem Zustand und Befinden gefragt hatte, dass
wieder aus Bukarest ein Schreiben gekommen sei des Inhalts,
dass, weil in Konstantinopel keine Krankheit herrsche, ein
weiteres Verbleiben in der Quarantäne nicht erforderlich sei,
und dass für den Tag, an dem wir weiterzureisen wünschten,
Pferd und Wagen bereitgehalten würden. Gleich darauf kam auch
der General selbst in unser Haus und entschuldigte sich, indem
er als Erklärung vorbrachte: „Für Sie wäre ein
Quarantäne-Aufenthalt nicht nötig gewesen. Aber hätten wir
jetzt Sie dem nicht unterzogen, so hätte das bei der
Bevölkerung Anstoß und Ärgernis erregt."
Mit Rücksicht darauf, dass das Gebiet der Walachei bei
Orsowa zu Ende geht, wurde in Karajuwa noch ein Tag Rast
gehalten für die Bereitschaffung der bis Orsowa nötigen Wagen
und zur Beschaffung von Reis und anderen notwendigen Sachen,
die während der Reise nicht anzufinden sein würden. Am
nächsten Tage wurde uns beim Aufbruch nach Orsowa als sicheres
Geleit dorthin ein Kapitän mit 5 oder 6 berittenen Leuten
zugeteilt.