Buch der Rechtleitung
Buch der Rechtleitung [kitab-ul-irschad]

Aussprache: kitaab-ul-irschaad
arabisch:
كتاب الارشاد
persisch:
كتاب الارشاد
englisch: Book of Guidance [kitab al irshad]

Hintergrundinformationen zum Buch siehe: Buch der Rechtleitung [kitab-ul-irschad]

Leben des Fürsten der Gläubigen ‘Ali ibn Abi Talib

Feldzug nach Tabuk und die Abordnung des Fürsten der Gläubigen (a.) als Vertretung für den Propheten (s.) nach Medina

Dann ereignete sich die Schlacht von Tabuk, und Allah, Gesegnet und Erhaben sei Sein Name, offenbarte dem Propheten (s.), dass er selbst dorthin gehen und Leute zum Kampf aufrufen solle, damit sie mit ihm ausziehen. Er (Allah) teilte ihm (dem Propheten, s.) mit, dass es dabei keine Notwendigkeit zum Krieg gab, dass es keinen Kampf gegen den Feind geben würde, da seine Angelegenheiten ohne Schwert für ihn geregelt werden würden. Dies machte er sich dazu zunutze und um seine Gefährten zu testen, ob sie gewillt waren, mit ihm auszu­ziehen, um sie auf die Probe zu stellen, damit sie voneinander unterschieden werden konnten, und damit ihre Geheimnisse offenbar werden würden.

Der Prophet (s.) rief sie zum Kampf auf gegen die Länder des Byzantinischen Reiches. Jedoch waren ihre Feldfrüchte reif geworden (die sie ernten wollten), und die Sommerhitze war für sie schwer zu ertragen. So waren die meisten von ihnen langsam[1] im Gehorsam gegen ihn aus dem Wunsch heraus nach Verzögerung, aus Gier nach Lebensunterhalt und Wohlstand sowie aus Furcht vor der starken Sommerhitze, der weiten Entfernung und dem Zusammentreffen mit dem Feind. Aber einige von ihnen erhoben sich, obwohl es beschwerlich für sie war, um aufzubrechen, während andere zurückblieben.

Als der Prophet (s.) aufbrechen wollte, ernannte er den Fürsten der Gläubigen (a.) als seinen Vertreter über seine Familie, seine Kinder, seine Gattinnen und seinen Zufluchtsort, und er sagte zu ihm: „´Ali, Medina wird es nur durch mich oder dich wohlergehen.“ Er sagte dies, weil er die schlechten Absichten der Beduinen kannte sowie die der Mekkaner und derjenigen, die um Mekka herum wohnten, die er bekämpft und deren Blut er vergossen hatte. Er hatte die Sorge, dass sie danach streben würden, Medina (zu kontrollieren,) während er fern von ihr (Medina) sein und die Länder des byzantinischen Reiches oder die umliegenden (Länder) einnehmen würde. Da es dort (in Medina) niemanden gab, der seinen Platz einnehmen konnte, gäbe es keine Sicherheit vor ihrer Schändlichkeit und der Verderbnis, die sie in der Stätte der Auswanderung (Hidschra) verursachen würden, sowie davor, dass sie sich gegenseitig darin übertreffen würden in Taten, die seiner Familie und seinen Zurückgelassenen Schaden zufügen würden. Er wusste, dass es niemanden gab, der seinen Platz einnehmen könnte hinsichtlich der Einschüchterung der Feinde, der Bewachung des Zufluchtsortes und der Behütung dessen Einwohner, außer dem Fürsten der Gläubigen (a.). Daher ernannte er (der Prophet, s.) ihn offiziell zu seinem Nachfolger und bestimmte ihn klar zum Imam nach ihm.

Das wurde verdeutlicht durch die Überlieferung, dass als die Heuchler erfuhren, dass der Gesandte Allahs (s.) ´Ali (a.) zu seinem Nachfolger über Medina ernannt hatte, sie ihm dies neideten. Nach dem Auszug des Propheten (s.) wurde seine (´Alis, a.) Position für sie unerträglich, da sie wussten, dass diese (Stadt) von ihm bewacht werden würde, und dass den Feinden dort keine Hoffnung bleiben würde, und das missfiel ihnen. Daher hätten sie es vorgezogen, dass er (´Ali, a.) mit ihm (dem Propheten, s.) mit ausgezogen wäre, wegen Verderbnis und Chaos, auf dessen Eintreten sie bei Abwesenheit des Propheten (s.) von Medina hofften, während diese (Stadt) ohne einen Mann sein würde, der sie bewachen und (unter den Heuchlern) Furcht erzeugen würde.

Sie beneideten ihn (und klagten ihn an), ein luxuriöses und angenehmes Leben zu haben, indem er bei seiner Familie blieb, während die, die ausgezogen waren, Härten zu ertragen hatten durch Reisen und Gefahren. Sie verbreiteten Gerüchte über ihn, indem sie behaupteten: „Der Gesandte Allahs (s.) hat ihn gar nicht zu seinem Vertreter ernannt, weil er ihn ehrt, achtet und liebt, sondern weil er ihm eine Last war.“ So verleumdeten sie ihn mit der Ver­brei­tung dieser Gerüchte, wie die Quraisch den Propheten (s.) verleumdet hatten, indem sie ihn manchmal der Besessenheit bezichtigten, zu anderen Zeiten mit (bösartigen) Gedichten, ihn manchmal der Zauberei, zeitweise der Wahrsagerei anklagten. Dabei wussten sie genau, dass (die Tatsachen) genau dem Gegenteil entsprachen und im Widerspruch (zu ihren Aussagen) standen, wie auch die Heuchler wussten, dass (die Tatsachen) im Gegensatz und völlig konträr zu den Gerüchten standen, die sie über den Fürsten der Gläubigen (a.) verbreiteten. Der Prophet (s.) hatte den Fürsten der Gläubigen (a.) gegenüber den Menschen hervorgehoben, und er war ihm der Liebste unter den Menschen, der, der bei ihm am glücklichsten war sowie der, der ihm unter ihnen am nächsten stand.

Als der Fürst der Gläubigen (a.) von den Gerüchten der Heuchler über ihn erfuhr, wollte er zeigen, dass sie Lügner waren und sie bloßstellen. So folgte er dem Propheten (s.) und sagte: „Gesandter Allahs, die Heuchler behaupten, dass du mich zurückgelassen hast, weil ich eine Last für dich war und weil du mich hasst!“ „Kehre zurück an deinen Ort, mein Bruder“, sagte der Gesandte Allahs (s.), „denn Medina wird es nur durch mich und dich wohl ergehen. Du bist mein Stellvertreter unter meiner Familie, an dem Ort, nach dem ich ausgewandert bin und bei meinem Volk. Bist du denn nicht damit zufrieden, dass du die gleiche Stellung bei mir hast wie Harun bei Musa, außer dass es nach mir keinen Propheten geben wird?“ Diese Aussage des Gesandten Allahs (s.) enthielt seine (´Alis, a.) Ernennung zum Imam (nach dem Propheten, s.) und sah ihn gegenüber allen (anderen) Menschen für die Stellvertreterschaft (chilafa) vor. Das war ein Hinweis auf seine Vorzugsstellung, die keiner mit ihm teilte. Er (der Prophet, s.) sprach ihm damit alle Ränge zu, die Harun bei Musa innehatte, abgesehen von dem Brauch der (leiblichen) Bruderschaft, und er schloss ihn auch vom Prophetentum aus.

Ist denn nicht (deutlich) sichtbar, dass er (s.) ihm all die Rangstufen einräumte, die auch Harun von Musa bekam, mit der (einzigen) Ausnahme, die seine Worte und der gesunde Menschenverstand ausschließen würde? Jeder, der über die Bedeutung des Qur´an nachgedacht und die Überlieferungen und Berichte studiert hatte, wusste, dass Harun (a.) der Bruder von Musa (a.) war, durch seinen Vater und seine Mutter und Anteil an seiner Mission hatte. Er war sein Helfer, und er war bei seinem Prophetentum und der Verkündigung der Botschaften seines Herrn (dabei). Allah, Der Erhabene, stärkte ihm (Musa, a.) den Rücken durch ihn (Harun, a.); er war sein Stellvertreter bei seinem Volk, hatte die Funktion des Imams über sie inne, denn die Verpflichtung zum Gehorsam ihm (Harun, a.) gegenüber war wie das Imamat von ihm (Imam Ali, a.) und die Verpflichtung, ihm zu gehorchen. Er war ihm der liebste unter seinem Volk und der Verdienstvollste in seinen Augen. Allah, Der Erhabene, erzählt über Musa (a.): Er (Musa, a.) sagte: „Mein Herr, weite mir meine Brust, und erleichtere mir meine Aufgabe; und löse den Knoten meiner Zunge; dass sie meine Rede verstehen; und gib mir einen Helfer von meiner Familie, meinen Bruder Harun; mehre meine Kraft durch ihn, und lass ihn Anteil haben an meinem Werk.[2] Allah, Der Erhabene, erfüllte ihm seine Bitte und gab seinem Anliegen und seinem Wunsch mit folgenden Worten statt: „Dein Wunsch ist gewährt, o Musa!“[3], und Er erzählt über Musa (a.): ‚...und Musa sprach zu seinem Bruder Harun: „Vertritt mich bei meinem Volk und führe (es) richtig, und folge nicht dem Pfade derer, die Verderbnis stiften.“[4]

Als der Gesandte Allahs (s.) ´Ali (a.) die gleiche Stellung bei ihm einräumte, wie sie Harun (a.) bei Musa (a.) besessen hatte, forderte er für ihn das gleiche, wie wir schon aufgezählt haben, außer den speziellen Brauch der leiblichen Bruderschaft, und er schloss ihn ausdrücklich vom Prophetentum aus. Diesen Vorzug hatte niemand anderer von den Geschöpfen mit dem Fürsten der Gläubigen (a.) gemeinsam, niemand gleicht ihm in seiner Bedeutsamkeit, noch kommt irgendjemand ihm in irgendeiner Form nahe. Wenn Allah, Der Erhabene, gewusst hätte, dass Sein Prophet (s.) in diesem Feldzug irgendeine Notwendigkeit zum Krieg und zur Unterstützung gehabt hätte, dann hätte er ihm nie erlaubt, den Fürsten der Gläubigen (a.) zurückzulassen, wie wir es bereits erwähnten. Vielmehr wusste Er, dass es im allgemeinen Interesse (maslaha) lag, wenn er (Imam ‘Ali, a.) zurückgelassen wurde und dass die Tatsache, dass er an seinem (des Propheten, s.) Ort dessen Platz einnahm, die beste Tat war. Er hatte die Schöpfung und die Religion so geordnet, wie Er es diesbezüglich bestimmt hatte, und Er brachte es so hervor, wie wir verdeutlicht und erklärt haben.

[1] im Sinne von „Widerwillig“, Anm. d. Übers.

[2] Heiliger Qur´an: 20:25-32

[3] Heiliger Qur´an: 20:36

[4] Heiliger Qur´an: 7:142

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