Der Tod des Husein ...

Der Tod des Husein ben Ali und die Rache

Ein historischer Roman aus dem Arabischen

Ferdinand Wüstenfeld

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Hurr versperrt den Weg

Während sie in Thalabija waren, bemerkte Husein etwas schwarzes am Horizont aufsteigen, seine Begleiter meinten, es wären die Palmen von Kufa, er erwiderte aber: hier gibt es keine Palmen, wenn ihr etwas wahrnehmt, so ist es der Vortrab der Reiterei und die Spitzen der Lanzen. Einer von ihnen ging vor und schlich sich etwas näher, dann kam er zurück und sagte: mein Gebieter, es sind Reiter, welche auf uns zu kommen. Weicht ihnen aus auf diesem Wege, befahl er; dies geschah und als jene sahen, dass wir abbogen, bogen sie auch ab und kamen auf uns zu, an der Spitze stand el-Hurr ben Jazid el-Rijahi.

Sie machten Husein gegenüber halt und sprachen: o Abu Abdallah, gib uns Wasser zu trinken; er erwiderte: Gott erbarme sich dessen, der ihnen und ihren Tieren zu trinken gibt. Sie fingen dann an, die Schalen und Schüsseln zu füllen, dann führten sie die Pferde näher, wenn sie satt waren, bogen sie nach der anderen Seite ab, bis sie alle getränkt hatten. 'Ali ben Jakdhan erzählt: Ich war bei el-Hurr und der letzte von seinen Begleitern , der ankam; als Husein sah, wie durstig ich und mein Pferd waren, sagte er mir: lieber Bruder, geh zu den Kamelen, öffne einen Schlauch und trinke und lass dein Pferd trinken; das tat ich.

el-Hurr ben Jazid kam von Cadesia; Obeidallah ben Zijad hatte el-Hucein ben Numeir abgesandt und ihm das Kommando über 4000 Reiter übertragen, dieser hatte el-Hurr ben Jazid mit 1000 Reitern als Vortrab vorausgeschickt und so war er Husein begegnet. el-Hurr blieb vor ihm halten, bis die Zeit des Nachmittagsgebetes kam, dann ließ er zum Gebet rufen. Husein stand auf und kam aus dem Zelte in einem rosenfarbigen Gewande und mit Stiefeln an den Füssen und er sprach das Gebet für beide Parteien zusammen.

Als er geendigt hatte, wandte er sich um, lobte Gott und pries ihn und gedachte des Propheten, dann fuhr er fort: Ihr versammelten Männer! wisset, ich bin nicht eher zu euch gekommen, bis ich eure Briefe und eure Abgeordneten empfangen habe mit der Aufforderung: komm zu uns, wir haben keinen Imam außer dich. Wenn ihr nun noch dieser Meinung seid, so bin ich nun bei euch erschienen, gebt mir also von dem, was ihr versprochen und gelobt habt, soviel, dass ich zufrieden gestellt werde; wenn ihr dies nicht tut und meine Ankunft nicht gern seht, so werde ich umkehren nach dem Orte, woher ich gekommen bin.

el-Hurr entgegnete: wir verstehen nicht, was du sagst, und wissen nicht, wer an dich Briefe geschrieben oder Abgeordnete geschickt hat. Da sprach Husein zu 'Ocba ben Sam'an: hole doch das Reisegepäck, worin die Briefe stecken. Er brachte ihm zwei Bündel mit Schriften , die er vor ihm ausbreitete. el-Hurr bemerkte: wir gehören nicht zu denen, welche an dich geschrieben haben; wir haben nur den Befehl dich nicht zu verlassen, bis wir dich nach Kufa zu Obeidallah ben Zijad werden geführt haben. — Der Tod wäre dir näher als dies, sagte Husein, und befahl seinen Begleitern aufzusitzen: dies taten sie und warteten, bis er selbst aufgestiegen war und den Befehl zur Umkehr gab. Als sie nun umkehren wollten, versperrten ihnen die Reiter den Weg und Husein rief: dass deine Mutter kinderlos werde! was willst du? el-Hurr erwiderte: wenn das ein anderer Araber gesagt hätte als du, würde ich nicht unterlassen, seine eigene Mutter kinderlos zu machen, möchte er sein, wer er wolle, indes ich werde dich nicht verlassen, wenn du nicht mit mir zu Ibn Zijad gehen willst. — Dann, bei Gott! werde ich dir nicht folgen. — Dann, bei Gott! werde ich dich nicht verlassen. — Nachdem sie in dieser Weise noch viele Worte gewechselt hatten, sagte el-Hurr: Ich habe nicht den Befehl, dich zu töten, sondern nur, dich nicht zu verlassen, bis ich mit dir nach Kufa komme; da du nicht willst, so schlage einen Weg ein, der dich nicht nach Kufa führt, aber auch nicht zurück nach Medina, das ist eine Vermittlung zwischen mir und dir, bis ich an Ibn Zijad schreibe und du an den Kalifen Jazid, vielleicht wendet es Gott noch zum Guten, das wäre mir lieber, als dass ich in deine Sache verwickelt werde.

Husein zog dann ab und el-Hurr ben Jazid ritt an seiner Seite und sagte: o Abu Abdallah, ich beschwöre dich bei deinem Leben und versichere, wenn du angreifst, wirst du gewiss getötet werden. Husein erwiderte: glaubst du mich durch den Tod zu erschrecken, auf mich passen vielmehr die Worte des Ausiten, als ihn sein Bruder beschuldigte, er sei zu feige um dem Gottgesandten zu helfen:

Ich werde gehen, der Tod ist keine Schande für einen Mann,
wenn er nur frei gelebt und als Muslim gefochten hat,
Und den frommen Menschen Trost und Hilfe mit seinem Leben gebracht
und von dem Verdammten sich fern gehalten und den Sünder gemieden hat.
Wenn ich am Leben bleibe, will ich nicht klagen, und wenn ich sterbe, soll es mich nicht schmerzen.
Es ist genug Erniedrigung für dich, wenn du lebst und davor Abscheu hast

Als el-Hurr diese Worte hörte , wandte er sich von ihm weg und zog weiter, bis er nach 'Odseib el-Hi'gamat kam; hier begegneten ihnen vier Personen, welche ihre Tiere stark antrieben, einer von ihnen war el-Tirimmah ben 'Adi, dann Nah' ben Hilal el-Muradi, Chalid ben Murad el-Ceidawi mit seinem Sklaven Sa'd und Mu'gamma' ben Abdallah el-Mudshi'gi. Als el-Tirimmah sie bemerkte, hielt er seinem Kamele die Zügel an und sprach in Versen:

O mein Kamel, fürchte dich nicht mehr vor meinem Antreiben
und gehe stolz vor dem Anbruch der Morgenröte
Mit den besten Reitern und dem besten Reisenden,
bis du einkehrst in dem vornehmen Gasthause,
Dem durch Schönheit berühmten, mit dem geräumigen Vorhof,
womit Gott zum besten Werke gekommen ist.

el-Hurr dachte sie zu hindern und von Husein fern zu halten, allein dieser sagte ihm: die Leute kommen zu mir und du hast dich gegen mich verpflichtet, nicht gegen mich vorzugehen, bis du einen Brief von Obeidallah ben Zijad erhalten hast. el-Hurr trat ihnen also nicht hindernd in den Weg und Husein sagte ihnen: erzählet mir von den Leuten in Kufa. Da sprach Mu'gamma': o Sohn des Gottgesandten, die Herzen der Angesehenen sind dir geneigt und die Herzen des Volkes sind mit dir, aber ihre Schwerter sind für einen anderen gegen dich. — Wisst ihr etwas von meinem Abgesandten Keis ben Mushir? — Ja, el-Hucein ben Numeir hat ihn gefangen genommen und zu Ibn Zijad geschickt, welcher ihn hat umbringen lassen. — Als Husein diese Worte hörte, füllten sich seine Augen mit Thränen und er sprach Sure 33,23: Einige von ihnen haben ihr Gelübde (mit dem Tode) erfüllt, andere warten noch, ohne eine Änderung zu machen. Dann setzte er hinzu: Mache das Paradies für uns und für sie zur Wohnstätte und vereinige uns und sie in dem festen Sitz deines Erbarmens, o allerbarmherzigster!

el-Tirimmah wandte sich an Husein und sprach: o Sohn des Gottgesandten, wenn du gegen weiter niemand zu kämpfen hättest als gegen diese, welche du hier siehst, das würde dir schon gelingen: aber, einen Tag vor meinem Auszuge aus Kufa, habe ich vor der Stadt eine Menschenmenge gesehen, wie ich sie in ähnlicher Weise nie größer zusammen getroffen habe, und als ich nach ihrem Zweck fragte, erhielt ich zur Antwort, sie seien zusammengezogen um gegen Husein ben Ali in den Krieg zu marschieren; wenn es dir möglich ist , nicht zu ihnen zu gehen, so tue es.

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