Keiner will Mörder sein
Ein gewisser Minhal (L Muhanna ben Omar) trat zu 'Ali ben
Husein und fragte ihn: wie befindest du dich heute Morgen, o
Sohn der Tochter des Gottgesandten? Er antwortete: wie jemand,
dessen Vater gestern getötet ist und der heute zum Tode
verdammt wird; wir beklagen uns bei Gott über das, was uns
gestern und heute widerfährt. Dann fuhr er fort: Gestern
rühmten sich die Araber gegen die Ausländer, dass Muhammed von
ihnen abstamme, heute rühmen sich die Kureisch vor den
Arabern, dass er zu ihnen gehöre, und wir, die Glieder seines
Hauses sind die, denen Unrecht geschieht, die Unterdrückten.
Er hatte dies mit lauter Stimme gesprochen und brach danach in
Weinen und Wehklagen aus, sodass Jazid für sein eigenes Leben
fürchtete. Er sagte deshalb zu dem, welcher ihn hatte die
Kanzel besteigen lassen: weshalb hast du diesen Burschen auf
die Kanzel steigen lassen, dass er eine solche Rede halte? du
wünschest selbst nur, dass mein Wohlergehen, meine Herrschaft
ein Ende nehme. Der Mann erwiderte: Ich habe nicht gedacht ,
dass dieser Bursch bei seinen jungen Jahren eine solche Rede
halten würde. Jazid fuhr fort: wehe dir! der ist so einer von
jenem Schlage; gebiert eine Schlange etwas anders als kleine
Schlangen? dies ist ein Blatt von jenem Baume, er gehört zu
der Familie des Prophetenhauses. — Der Mann entgegnete: Da du
wusstest, dass er zu der Familie des Prophetenhauses gehöre,
warum hast du seinen Vater, seine Angehörigen und seine
Hausgenossen getötet? Er antwortete: Gebe uns Gott für dich
einen anderen, der besser gegen uns gesinnt ist als du, und
gebe dir Gott für uns einen, der schlechter gegen dich ist als
wir. Jazid befahl, ihm den Kopf abzuschlagen.
Die Einwohner von Damaskus befanden sich in einem Schlafe
und als sie erwachten, und müßig auf den Märkten standen,
fingen sie an so zu reden: Dies ist der Kopf des Sohnes der
Tochter des Gottgesandten, davon hat uns Jazid nichts wissen
lassen, er hat uns nur gesagt, es sei ein Rebell, der im Lande
Irak gegen ihn aufgestanden sei. Als Jazid dies hörte, ließ er
für sie einzelne Teile des Koran anfertigen und in den
Moscheen verteilen, wenn dann das Frühgebet gesprochen war,
wurden ihnen die Teile auf ihren Plätzen in die Hände gegeben,
damit sie sich damit beschäftigten und an Husein nicht denken
sollten. Aber die Leute unterhielten sich von nichts anderem
als von Husein und einer sprach zu dem anderen: weißt du
schon, was mit dem Sohne der Tochter des Gottgesandten
geschehen ist? Dies wurde Jazid hinterbracht und er merkte,
dass sie sich mit nichts anderem als mit der Geschichte
Huseins beschäftigen würden. Er ließ deshalb ausrufen , dass
sie zu ihm kommen sollten , und als sie alle versammelt waren,
trat er unter ihnen als Redner auf und sprach: Ihr Bewohner
von Damaskus behauptet, dass ich Husein ben 'Ali getötet habe;
bei Gott! ich habe ihn nicht getötet und auch nicht befohlen,
dass er getötet werde , sondern mein Präfekt Ihn Margana hat
ihn getötet; bei Gott! ich werde den töten, der ihn getötet
hat. Dann ließ er die herbeirufen, welche in dem Kampfe gegen
Husein an der Spitze gestanden und ihm den Kopf abgeschnitten
hatten, und als sie sich vor ihm aufgestellt hatten, wandte er
sich an Schabath ben Rib'f und sagte: wehe dir ! habe ich dir
befohlen Husein zu töten oder hast du ihn (aus freien Stücken)
getödtet. Schabath antwortete: bei Gott! ich habe es nicht
getan. — Wer denn? — el-Mugabir ben el-Duheina. — Nun wandte
sich Jazid an diesen und sagte : wehe dir , Mucabir ! du hast
Husein getödtet. — Bei Gott ! ich habe es nicht getan. — Wer
denn? — Keis ben el-Rabi' . — Wehe dir, Keis ! du hast Husein
getödtet. — Bei Gott: ich habe es nicht getan. — Wer denn? —
Schimr ben Dsul-Gauschan, den Gott verdamme. — Er wandte sich
jetzt an Schimr und sagte : habe ich dir befohlen Husein zu
töten, oder hast du es getan? — Er antwortete: Verfluche Gott
seinen Mörder! Sinan ben Anas el-Nacha'i hat es getan. — Wehe
dir, Sinan! habe ich dir befohlen Husein zu tödten? — Bei
Gott! ich habe es nicht getan, Gott verdamme seinen Mörder ! —
Jetzt wurde Jazid aufgebracht und sagte : wehe euch! einer
schiebt die Schuld auf den andern. Da sprach Keis ben el-Rabi':
o Fürst der Gläubigen, ich würde dir sagen, wer Husein getötet
hat. wenn ich sicher wäre nicht getötet zu werden. — Sprich !
du hast volle Sicherheit. — Nun sprach er: Kein anderer hat
Husein getötet als der, welcher die Fahnen entfaltet, das Geld
verteilt und schriftlich dem Obeidallah den Befehl gegeben
hat, sich von Bacra nach Kufa zu begeben, und welcher die
Truppen ein Corps nach dem anderen abgeschickt hat. — Und wer
hat das getan? — Bei Gott! das hat kein anderer getan als du,
kein anderer hat ihn getötet als du. — Jazid wurde über seine
Worte aufgebracht, er stand auf, ging in seinen Palast, legte
den Kopf in eine Schüssel und bedeckte ihn mit einem
Dabikischen Tuche; er nahm ihn in seinen Schoß, trat in ein
dunkles Zimmer und fing an, sich ins Gesicht zu schlagen,
indem er sprach: was habe ich mit Husein ben 'Ali zu schaffen?
wehe mir! was habe ich getan und wie habe ich mich gegen mich
selbst versündigt!