Der Tod des Husein ...

Der Tod des Husein ben Ali und die Rache

Ein historischer Roman aus dem Arabischen

Ferdinand Wüstenfeld

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Muslim verlässt Hanis Haus

Abu Michnaf sagt: Als Muslim ben 'Akil erfuhr, wie es Hânî ben 'Orwa ergangen sei, verließ er das Haus und irrte in den Strassen und Quartieren umher, bis er aus Kufa hinaus und nach Hira kam; er fing an darin umher zu gehen und gelangte an ein hohes Haus mit einem großen Vorhof, wo eine Frau saß. Da er stehen blieb und nach ihr hinsah, sagte die Frau: junger Mann, warum bleibst du hier stehen? in diesem Hause sind die Frauengemächer eines anderen, als du bist. Er antwortete ihr: о Gottes Magd! bei Gott, in meinem Herzen ist nichts von dem, woran du denkst, sondern ich bin ein Verfolgter und wünsche, dass du mich für den Rest dieses Tages unter deinen Schutz nehmest, sobald die Nacht ihre Dunkelheit verbreitet, werde ich gehen. Die Frau sprach: Zu welchen Leuten gehörst du? — Zu den Banu Hâschim. — Zu welcher Familie? — Zu der Muhammeds. — Wie ist dein Name? — Ich heiße Muslim ben 'Akîl ben Abu Tâlib. — Ich gehöre auch zu den Hàschimiten und bin am meisten berechtigt, dich unter meinen Schutz zu nehmen. — Damit führte sie ihn in ein von ihrer Wohnung verschiedenes Haus und brachte ihm einiges für den Abend, er wollte aber nichts essen und bat nur um etwas Wasser. Als die Nacht anbrach und er fortgehen wollte, kam ihr Sohn an, dessen Vater einer der Officiere des Obeidallah ben Zijâd war, nun war es ihm unmöglich wegzukommen. Der junge Bursche bemerkte, wie seine Mutter in jenem Hause ein- und ausging , was er sich nicht klären konnte; er trat auf sie zu und sagte: es beunruhigt mich, dass du bei Nacht öfter nach jenem Hause hinüber und herüber gehst, dabei hast du etwas besonderes. Sie antwortete : lieber Sohn, beruhige dich deshalb und frage nicht weiter danach. Da er aber fortfuhr mit Fragen in sie zu dringen, sprach sie: erzähle es keinem Menschen wieder, was ich dir mitteile; sie nahm ihm ein eidliches Versprechen ab und fuhr dann fort: Drüben ist Muslim ben 'Akil der betrogene und verratene, ich habe ihn unter meinen Schutz genommen, bis das Suchen nach ihm aufhört und er sich nach seiner Heimat begeben kann. Ich werde mir dadurch einen großen Lohn erwerben, aber wehe, wehe dir! wenn du gegen irgend jemand etwas davon laut werden lassest und dein Versprechen nicht halst und deinen Eid brichst. Er schwieg und gab ihr keine Antwort und so verbrachten sie die Nacht. Als der Morgen graute, steckte Muslim seinen Kopf hinaus um nach der Dämmerung zu sehen, da stand die Frau schon da mit einem Krug Wasser und sprach: junger Mann, willst du etwas Wasser? Er antwortete ihr: Ich war diese Nacht beim Beten eingeschlafen, da sah ich den Fürsten der Gläubigen 'Ali ben Abu Tâlib und er sprach zu mir: »schnell! schnell! eile! eile!« Ich denke nicht anders, als dass dies meine letzte Stunde in dieser und die erste in jener Welt ist.

Abu Michnaf sagt: Als der Morgen angebrochen war, entfernte sich der Bursch schnell aus dem Hause und lief bis er nach Kufa kam; vor dem Emirats-Schloss angekommen rief er : Warnung ! Warnung ! Sein Vater trat heraus und fragte: was für eine Warnung bringst du? Er antwortete: lieber Vater! meine Mutter nimmt die Feinde unter ihren Schutz, bei ihr ist Muslim ben 'Akil. Das hörte Obeidallah ben Zijâd und fragte: was sagt der Bursch? — Er behauptet, Muslim ben 'Akil sei in meinem Hause. — Da richtete sich Ibn Zijâd auf und hing ihm eine goldene Kette um den Hals und ließ ihn einen ausgezeichneten Renner besteigen. Dann rief er Muhammed ben el-Asch'ath el-Kindi herbei, übergab ihm 1000 Reiter und 500 Fußgänger mit dem Auftrage: geh mit diesem Burschen in seine Wohnung und hole mir Muslim ben 'Akil tot oder gefangen. Ibn el-Asch'ath marschierte hin, bis er an das Haus kam; da hörte die alte Frau das Wiehern der Pferde, das Geräusch der Zügel, das Aneinanderschlagen der Lanzen und das Rufen der Soldaten, sie eilte zu Muslim und benachrichtigte ihn, da sagte er: gib mir meine Rüstung; sie brachte sie ihm, er legte sie an, band das Wehrgehenk um und erwartete die Leute, indem er sein Schwert schwang. Die Frau sagte: ich sehe, dass du dich zum Tode vorbereitest; er antwortete: die Leute suchen keinen anderen als mich, ich fürchte, dass sie mich in deinem Hause überfallen und ich in den Wohnräumen den nötigen Platz zur Verteidigung nicht habe und sie mich vor deinen Augen töten und ich sehen muss, dass du vor meinen Augen getötet wirst. Sie sprach: es würde mich freuen, wenn ich vor deinen Augen getötet würde und nicht sehen müsste, wie du vor mir umkommst; wenn dies geschieht, werde ich mich selbst umbringen. Er stellte sich nun an die Tür, die einen großen Umfang hatte, machte sie weit auf, trat den Leuten entgegen und bestand gegen sie einen schweren Kampf, bis er 150 Reiter von den tapfersten Streitern getötet hatte und die übrigen vor ihm die Flucht ergriffen. Die Frau sprach ihm vom Dache herab Muth zu und feuerte ihn zum Kampfe an. — Als Ihn el-Asch'ath sah, wie Muslim so tapfer focht und seine Leute vor ihm flüchteten, schickte er zu Ihn Zijâd und ließ ihm sagen, er möge mehr Reiter und Fußvolk schicken, denn Muslim ben 'Akil habe unter ihnen schon ein großes Blutbad angerichtet. Ibn Zijâd schrieb ihm als Antwort: Dass eure Mütter kinderlos und euer Volk eurer beraubt werden möge ! wehe euch, ein einziger Mann richtet unter euch ein großes Blutbad an, wie, wenn ich euch gegen den schickte, der viel stärker und standhafter ist als er und an Zahl überlegener? (er meinte Husein ben 'Ali). Ibn el-Asch'ath schrieb zurück: Du glaubst vielleicht, dass du mich gegen einen der Kohlhändler von Kufa geschickt hättest oder gegen einen der Schumacher von Bacга; du hast mich aber gegen einen mächtigen, wütenden und verwegenen Löwen geschickt, der eins von den Schwertern der Hausgenossen des Gesandten ist. Als Ihn Zijâd dieses Schreiben gelesen hatte, schickte er ihm noch 500 Reiter. Muslim ben 'Akil kam wieder hervor, nachdem er seine Kleider gewechselt und seine Waffen befestigt hatte, und griff nun die Leute zum zweiten Male an. Er machte mit Bekr ben Humrân zwei Gänge, im ersten kam ihm Muslim mit einem Hieb mitten über den Kopf zuvor, im zweiten traf er ihn zwischen Schulter und Hals und tötete ihn und beschleunigte dadurch den vernichtenden Sturz seiner schändlichen Seele in die Hölle. — Als sie dies sahen, stiegen sie oben auf das Dach und fingen an, mit Steinen nach ihm zu werfen und Bündel Rohr anzustecken und von oben auf ihn hinabzuschleudern, und da er dies bemerkte, sagte er: О meine Seele, geh hinaus in den Tod, der unvermeidlich ist. Er machte noch auf sie einen Angriff und stürzte sich mitten unter sie, da wichen sie zurück und er sprach:

Ich habe geschworen, nicht anders als frei getötet zu werden,
auch wenn ich finde, dass der Tod ein bitterer Becher ist.
Ich fürchte, dass ich zum Lügner gemacht oder überwunden werde;
der Strahl der Sonne wird abgewandt, aber er bleibt.
Jeden Mann erreicht eines Tages ein Unglück
und mischt zum kühlen Trunk einen warmen bittern.
Und jeden Verräter wird auch eine Strafe ereilen,
und er wird in jenem Leben zu Kohlen gebraten werden.
Du Rotte von Gottlosen! ihr nichtswürdigen!
über euch sei der Fluch immerdar ausgegossen!

Dann machte er wieder einen Angriff, tötete diesmal vierzehn Reiter und hörte nicht auf zu kämpfen, bis sein Panzer durch die Menge der darin steckenden Pfeile einem Igel glich. Ibn el-Asch'ath schickte noch einmal zu Ibn Zijâd und erbat sich Verstärkung und er sandte ihm noch 800 Reiter mit dem Befehl: bietet ihm Begnadigung an, sonst vertilgt er euch bis auf den letzten Mann. Da rief ihm Ibn el-Asch'ath zu; о Muslim! du sollst begnadigt werden, bringe dich nicht selbst um (durch längeren Widerstand). Muslim antwortete: Bei mir ist keine Gnade für euch, ihr Feinde Gottes und Feinde seines Gesandten; dann machte er auf sie einen Angriff und bestand einen heftigen Kampf.

G . Jetzt trat aus ihrer Mitte ein Mann hervor und sagte: ich will ihm eine Falle stellen, aus der er sich nicht retten soll. Was meinst du? fragten sie. Er antwortete: stellt euch vor mir geschlossen auf, dann will ich (hinter eurem Rücken) eine Grube graben und sie mit Reisern und Erde bedecken; dann macht ihr einen Scheinangriff und wenn er auf euch einstürmt, zieht ihr euch vor ihm zurück und ich hoffe, er wird nicht entkommen. Dies taten sie; sie gingen auf ihn los und als er auf sie einstürmte, flohen sie vor ihm und er fiel in die Grube. Sie umringten ihn von allen Seiten, ein Mann schlug nach ihm mit dem Schwert, der Hieb traf ihn ins Gesicht und drang bis auf die Backenzähne, sie nahmen ihn nun gefangen und schleiften ihn auf dem Gesichte fort, bis sie mit ihm zu Ibn Zijâd kamen.

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