Der Tod des Husein ...

Der Tod des Husein ben Ali und die Rache

Ein historischer Roman aus dem Arabischen

Ferdinand Wüstenfeld

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Rückkehr nach Medina

Hind die Tochter des Abdallah (L Obeidallah ben Kathir) und Frau des Jazid erzählt: Als ich mein Lager eingenommen hatte, sah ich im Traume, als wenn ein Thor des Himmels geöffnet wäre, die Engel stiegen schaarenweise herab, stellten sich dem Kopfe gegenüber und riefen : sei gegrüßt o Sohn der Tochter des Gottgesandten ! sei gegrüßt o Sohn des Gottgesandten ! Während ich danach hinsah, kam eine Wolke vom Himmel herab, darin waren viele Männer, einer von ihnen mit glänzender Farbe trat heraus und kam näher, bis er sich über die Zähne Huseins bückte ; er küsste sie und sprach: o mein Sohn, sie haben dich getötet und dir einen Trunk Wasser verweigert, siehst du, o Geliebter, sie haben dich nicht gekannt. O mein Kind, ich bin dein Großvater der Gottgesandte und hier ist dein Vater, dort dein Bruder Hasan, diese ist deine Mutter Fatima, jener dein Oheim Ga'far, dann 'Akil, Hamza und 'Abbas und er fuhr fort, die Angehörigen seines Hauses einen nach dem anderen herzunennen. Ich sah, wie ein Licht sich über Husein ausbreitete, bis das ganze Zimmer davon erhellt war. Dann fing ich an, nach Jazid zu suchen, er war in eine dunkle Kammer gegangen, hatte sein Gesicht nach der Wand gekehrt und sagte: »was habe ich mit Husein ben 'Ali zu schaffen?« er war in Irrsinn verfallen. Ich sprach: setze dich, unglücklicher für dich selbst und für deine Familie! soll ich dir erzählen, was ich diese Nacht im Traume gesehen habe? Ich fing an, ihm den Traum zu erzählen, er Hess den Kopf hängen, (L erwiderte aber gar nichts darauf).

Als der Morgen anbrach, ließ er die Frauen Huseins rufen und sprach zu ihnen: Was ist euch lieber, bei mir zu bleiben, sodass ihr ein Jahrgeld, Gaben und Geschenke bekommt, oder nach Medina zu reisen, wo ihr alles haben sollt, was ihr wünscht. Sie antworteten: am liebsten ist es uns , wenn du uns eine eigene Wohnung geben willst, wo wir für uns allein sind und unseren Herrn betrauern und unsere Angehörigen beweinen können, danach magst du uns nach Medina zu unserem Großvater führen lassen. Er erwiderte: macht, was euch gut dünkt. Er ließ ihnen dann ein besonderes Zimmer anweisen und es blieb in Damaskus keine Kureischitin, die nicht schwarze Trauerkleider angezogen hätte, und sie beweinten Husein sieben Tage. Am achten Tage ließ sie Jazid rufen und stellte es ihnen frei nach Medina abzureisen und sie waren damit einverstanden, sich nach Medina dem Heiligtume des Gottgesandten zu begeben. Er ließ für sie Körbe, Sättel und Zelte herrichten und mit den weichsten Teppichen ausstatten, er schüttete Geld über die Decken aus und sprach: nehmt dies Geld zum Ersatz für das, was euch abhanden gekommen ist. Da sprach Umm Kulthum: o Jazid , wie wenig Schamgefühl hast du doch und wie hart ist dein Verfahren, du hast meine Brüder getötet und bietest uns dafür Geld zum Geschenk an, dies ist doch gewiss höchst wunderbar: bei Gott! das werden wir nie annehmen. Er ließ ihnen dann über die Maße Gold- und Silbersachen bringen, auch Kleider, und gab einer jeden von ihnen das doppelte von dem, was davon verloren gegangen war. Dann ließ er die Kamele herbeiführen und mit weichen Decken belegen, berief einen seiner Oberoffiziere und übergab ihm 500 Reiter mit dem Befehl sie auf ihrer Reise nach Medina zu begleiten, sich auf der Reise nach ihrer Bequemlichkeit zu richten und sich ihren Wünschen nicht zu widersetzen. Der Offizier zog mit ihnen ab, bald war er vorn, bald hinten, zur Rechten, zur Linken und er erwies sich ihnen als ein vortrefflicher Begleiter. B Umm Kulthum rief ihn einmal zu sich heran und sagte: möge es dir Gott nicht vergessen, was du an uns tust, du bist einer seiner wahren Verehrer, unser Helfer und unser Freund.

[B. Unterwegs sagten sie zu dem Führer: bei Gott! du musst mit uns den Weg nach Kerbelä einschlagen, damit wir den Bund mit unserem Herrn Abu Abdallah Husein erneuern. Dies geschah und sie erreichten Kerbela am 20. Cafar, vierzig Tage nach dem Tage 'Aschura (10. Muharram, dem Todestage Huseins). Gabir ben Abdallah el-Ansari und mehrere andere von den Einwohnern von Medina und den Angehörigen des Gesandten waren ihnen entgegen gekommen, unter Weinen und Klagen trafen sie zusammen; sie bildeten eine gemeinschaftliche Trauer-Versammlung und weinten viel, dann verließen sie Kerbela und wandten sich nach Medina.]

Sie trafen in Medina an einem Freitage ein, als der Prediger auf der Kanzel stand , sie dachten an Husein , zerrissen ihre Halstücher, schlugen sich auf die Backen, lösten die Haare auf und riefen beständig: oh wehe Großvater! wehe Muhammed! wehe 'Ali! wehe Fatima! wehe Hasan! wehe Husein! und die Frauen der Hilfs- und Fluchtgenossen Muhammeds stimmten mit ein. Abu Michnaf sagt: Es war wie an dem Tage, da der Gottgesandte starb ; el-Walid ben 'Otba predigte eben, da hörte er das Schreien und auf die Frage, was das sei, erfuhr er, dass es das Schreien der Weiber Huseins und der Frauen des Gottgesandten sei, die eben von Damaskus ankämen. Da flössen ihm die Tränen herab , er stieg von der Kanzel herunter , ganz Medina war in Aufregung.

Als der Offizier nach Damaskus zurückkehren wollte , kam er zu ihnen, nahm von ihnen Abschied und erkundigte sich, was sie noch nötig hätten; sie erwiderten: vergelte es dir Gott , was du an uns gutes getan hast, du bist ein vortrefflicher Begleiter gewesen. Sie brachten alles zusammen, was ihnen Jazid an Gold und Schmucksachen geschenkt hatte, und die Kamele, und sprachen zu ihm: nimm dieses, wir bedürfen dessen nicht, und wenn wir doppelt soviel besäßen, würden wir es dir übergeben. Er entgegnete : bei Gott ! dies werde ich niemals annehmen; was ich getan habe, geschah aus Hochachtung gegen euren Großvater, ihr Angehörigen der Familie des Gottgesandten; aber ihr wisst, dass der Weg weit ist und die Wasserschläuche könnt ihr entbehren, diese überlasst mir. Sie übergaben sie ihm, er nahm von ihnen Abschied und reiste fort, bis er nach Damaskus kam. Umm Kulthum und Zeinab gingen nach der Moschee und als sie ans Thor kamen, riefen sie: sei gegrüßt, lieber Grossvater! wir kommen um dir den Tod deines Sohnes Husein zu melden; sie fingen an, ihre Backen an der Kanzel und dem Grabe zu reiben, und die Leute weinten.

Ali ben Husein begab sich zu seinem Oheim Muhammed Ibn el-Hanefija und erzählte ihm, wie es ihnen ergangen sei und was man mit ihnen angefangen habe; da weinte er, bis er ohnmächtig wurde wegen der Größe dessen, was ihm widerfahren war. Dann verlangte er seinen Panzer, zog ihn an, gürtete ein Schwert um, bestieg sein bestes Pferd und wollte davon ; aber die Leute hingen sich an ihn und beschworen ihn bei dem Gottgesandten, das nicht zu tun ; begib dich nicht selbst in Gefahr, du kannst nicht einmal eine Lanze oder den Griff eines Schwertes festhalten. Er hatte nämlich offene Wunden an den Fingern, aus denen Eiter und Blut floss; dies war dadurch veranlasst, dass Husein einen Panzer als Geschenk erhalten hatte, welchen Muhammed Ibn el-Hanefija putzen wollte, er rieb ihn mit der Hand und schnitt sich dabei in die Finger, wodurch die Wunden entstanden.

Nach einer anderen Überlieferung bestieg er einen Berg, dieser spaltete sich, er trat hinein und der Berg schloss sich über ihn. Das ist aber nicht wahr, weil die Einwohner von Kufa nicht eher Muchtär huldigten, bis sie zu Muhammed Ibn el-Hanefija geschickt und seine Erlaubnis dazu erbeten hatten, welche er ihnen erteilte, sodass er also damals noch am Leben und zugänglich war.

Was Jazid betrifft, so führte er ein trauriges Dasein, er aß nicht und trank nicht und es währte nur noch wenige Tage bis er starb. Man sagt, er sei auf die Jagd gegangen und vor Durst gestorben; die Wahrheit ist, dass er eine Gazelle verfolgte, bis er in das Tal kam, da holten ihn die Teufel fort in die Hölle.

Den Kopf Huseins kaufte ein Verschnittener (L des Jazid), brachte ihn wieder nach Kerbela und begrub ihn dort bei dem Körper.

Gottes Segen über unseren Herrn Muhammed und über seine liebe heilige Familie und alle seine Anhänger, und Gottes Fluch über die Ungerechten vom ersten bis zum letzten ! Amen , o Herr der Welten!

Hier endigt «die Niederlage« unter dem Lobe Gottes mit seiner Hülfe und seinem herrlichen Beistande; es folgt darauf die Erzählung der Rache, welche durch el-Muchtar an den ruhmsüchtigen Tyrannen genommen wurde.

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