Der Tod des Husein ...

Der Tod des Husein ben Ali und die Rache

Ein historischer Roman aus dem Arabischen

Ferdinand Wüstenfeld

zum Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

I . Der Tod des Husein ben 'Ali.

L . Im Namen Gottes des barmherzigen, des erbarmenden! Ihn bitten wir um Hilfe in allen Dingen.

Ali ben Mûsâ ben Ga'far ben Muhammed ben Tâwûs el-Hasani, der Sammler dieses Buches, erzählt nach Abu Michnaf Lût ben Jahja in dessen Schrift über den Tod Huseins: Als der Fürst der Gläubigen 'Ali ben Abu Talib durch Ihn Mul'gam in der Moschee zu Kufa ermordet war, trat sein Sohn el-Hasan das Chalifat an; sein Vorname war Abu Muhammed, sein Beiname el-Zaki, der Fromme, seine Mutter Fâtima die Tochter des Gottgesandten. Gleich nachdem ihm gehuldigt war, brach er nach Medina auf, Keis ben Sa'id war Anführer seiner Truppen; allein die Aufständigen zogen gegen ihn aus, Keis wurde getötet und Hasan kehrte nach Kufa zurück. Er traf mit einem der Aufständigen vom Stamme Asad zusammen, welcher vertraulich gegen ihn that, ihn sorglos machte und dann mit einem Messer nach ihm stiess, jedoch ihn nur in den Schenkel traf, worauf er die Flucht griff. Hasan sagte dazu nur: Gestern habt ihr meinen Vater getötet und heute wollt ihr mich töten? Er zog hierauf in Kufa ein und legte das Kalifat freiwillig nieder; er schrieb an Mu'âwija und setzte ihn in Kenntnis, dass er freiwillig ihm die Regierung wie eine Halterschaft gegen eine bestimmte Summe überlasse, deren Höhe er auf 2000 Dinare für die Huldigung festsetzte. Nun trafen Hasan und Husein Anstalt, sich nach dem Grabe ihres Großvaters in Medina zu begeben, da traten die Ältesten von 'Irak bei ihnen ein, um ihnen Vorstellungen dagegen zu machen, dass sie 'Irak verlassen wollten. Hasan ermahnte sie in einer längeren Rede, worin er sagte: Sorget nun selbst für eure Angelegenheiten, für Gut und Blut habt ihr jetzt Sicherheit und Frieden für eure Geschäfte, seid zufrieden mit der Entscheidung Gottes und seinem Rathschluss, überlasst ihm eure Sache und haltet euch ruhig in euren Häusern und wisset, dass ich meinen Vater den Fürsten der Gläubigen habe sagen hören: »der Gottgesandte hat gesagt, wer ein Volk lieb hat, den sendet Gott mit ihm«; ihr gehört zu uns in unserem Heere.

G. Im Namen Gottes des barmherzigen, des erbarmenden! О Gott, segne Muhammed deinen Diener, deinen Propheten

und deinen Gesandten, den Propheten aus dem Volke! Abul-Mundsir Hischâm ben Muhammed ben el-Sâïb el-Kalbi erzählte uns nach der Überlieferung des Abu Michnaf Lut ben Jahja el-Azdi [B von Jahja ben Sa'îd] von Abd el-rahman ben Gundab ben Abdallah el-Azdi von seinem Vater, welcher sagte: Wir, ich und Suleiman ben Çurad el-Chuzâ'i, el-Musajjib ben Kathir el-Fazâri und Sa'îd ben Obeidallah el-Hanefi, traten bei Hasan ben 'Ali ben Abu Talib ein, zur Zeit als er mit Mu'âwîja ben Abu Sufjân Frieden schlossen hatte, er war damals in Kufa, wir grüssten ihn, er erwiderte den Gruß und Suleiman ben Çurad el-Chuzâ'i trat vor und redete ihn an; О Sohn der Tochter des Gottgesandten, wir wundern uns, dass du dem Muâwlja gehuldigt hast, während du noch 40 000 Streiter von deiner Partei bei dir hast außer deinen Anhängern unter den Bewohnern von Kufa, welche alle ihren Sold bekommen, ebenso deren Söhne, und außer deinen Anhängern unter den Bewohnern von Baçra und Hi'gâz; du hast für dich seihst gar keine Sicherheit genommen, dass er sein Versprechen halten wird, und du hast nichts schriftlich erhalten über die Abfindungssumme; wenn du nur, als du zum Entschluss kämest, an ihn geschrieben und von ihm ein eidliches sprechen gefordert hättest, damit man im Osten und Westen wüsste, dass die Regierung nach seinem Tode an dich übergehen werde, so würden wir die Sache leichter ertragen; du hast dich aber mit dem, was er mündlich versprochen hat, zufrieden gegeben. — Hasan erwiderte: Ich schließe keinen Vertrag, um ihn zu brechen und gebe kein Versprechen um davon zurückzutreten; da Gott unsere Worte sammelt und uns unseren Wunsch erfüllt hat, so werden wir nichts brechen; ihr seid unsere Anhänger, Helfer und Freunde, wir haben euch kennen gelernt durch die uns geleistete Hilfe, durch das Wohlwollen gegen uns, durch Standhaftigkeit und guten Rath; wenn ich nach irdischen Gütern trachten und um die Herrschaft einen Wettkampf führen wollte, so würde Mu'âwîja nicht stärker und standhafter sein als ich; aber ich bedenke, was ihr nicht bedenkt, und sehe, was ihr nicht sehet. Ich schwöre bei Gott, dass ich hierbei nichts anderes beabsichtige, als euer Blut zu schonen und eurem Leben den Frieden zu bringen; seid frieden mit der Entscheidung Gottes, unterwerft euch vertrauensvoll seinem Befehle und haltet euch ruhig in euren Wohnungen.

(Suleiman fährt fort:) Wir verließen nun Hasan und begaben uns zu Husein; er befahl eben seinen Dienern, das Gepäck herbeizutragen und trieb sie an, um nach Medina aufzubrechen; wir traten ein und begrüßten ihn, [B er erwiderte den Gruß und sagte: setzt euch, bis ich zu euch komme; und er ließ auch nicht lange auf sich warten.] Wir setzten uns [B an die Seite, dann kam er, wir wollten ihn anreden,] er sah uns den Kummer und die Trauer an^), da kam er uns zuvor und sprach: Gelobt sei Gott ! der Rathschluss Gottes war beschlossen und ist nun entschieden, und wenn sich die Menschen und Dämonen einigten , damit er nicht ausgeführt werde, sie würden dazu nicht im Stande sein. [В Ich kenne keinen Menschen, für welchen dieser Friede drückender wäre als für mich,] ich habe zugestimmt bis in den Tod, als mein Bruder in mich drang und mich beschwor, den Vertrag nicht zu brechen und nichts gegen die Ruhe zu unternehmen, ich gehorchte ihm selbst gegen meinen Willen, und als ich ihm den Handschlag gab, war es mir, als wollte mir die Brust zerspringen und als würde mir die Nase mit Messern abgeschnitten. Gott spricht (Sure 2, 213): »Es kann sein, dass ihr etwas verabscheuet, was für euch gut ist, und es kann sein, dass ihr etwas gern habt, was für euch nachtheilig ist, Gott weiß es und ihr wisst es nicht«. Jetzt ist Friede geschlossen und eine Huldigung gemacht, die mir zuwider ist, da hilft kein Überlegen, so lange dieser Mann (Mu'âwîja) am Leben bleibt; wenn er stirbt, so werden wir sehen und ihr werdet sehen, was geschieht. — Wir erwiderten ihm: о Abu Abdallah, wir sind nicht unsertwegen traurig, sondern euretwegen, dass ihr um eure Macht betrogen werdet und euch euer gutes Recht geschmälert wird; wir bleiben eure Helfer, Anhänger und Freunde, wenn ihr uns ruft, folgen wir euch, wenn ihr uns befehlt, horchen wir euch. — [L. Er antwortete : Gott lohne euch eure guten Gesinnungen und Worte und möge sie euch anrechnen.]

Hierauf zogen Hasan und Husein fort und wir begleiteten sie zum Abschied; als wir an dem Kloster der Hind vorüberkamen, wandte sich Husein nach Kufa um, [G tat einen tiefen Seufzer wie ein von Trauer erfüllter,] und Wandte diese Verse eines älteren Dichters auf sich an:

Nicht aus Hass verlasse ich das Haus meiner Angehörigen, sie halten mich ab von meinen Verbündeten und meiner Familie.

Allein der Rathschluss Gottes, der bestimmt ist, steht fest, und diese Welt ist nicht die bleibende Wohnung.

© seit 2006 - m-haditec GmbH - info@eslam.de