Die Mission und Aufgabe der Theologischen Hochschule
Der ehrwürdige Vers, in dem sich der allmächtige Gott an
die Buchbesitzer wendet und sagt: "Oh Ihr Buchbesitzer, ihr
fußt auf nichts, bevor ihr nicht die Thora und das Evangelium
erfüllt" (Maida 68) besitzt einen berühmten Kommentar. Ein
weiterer stammt von unserem Lehrer (Tabatabai). Der berühmte
Kommentar besagt, "Ihr (die Buchbesitzer) verwirkt euer Leben,
solange ihr nicht die Thora und das Evangelium erfüllt". Dann
erst werdet ihr euren wahren Wert erkennen. Unser Lehrer
kommentierte den Vers jedoch folgendermaßen: Ihr habt keine
gedankliche und intellektuelle Basis, um die Thora und das
Evangelium zu erfüllen. Wenn ihr die Thora, das Evangelium und
eure Überzeugungen verteidigen wollt, worin liegen eure
rationalen Argumente? In der Trinität? Wenn ihr ein
monotheistisches, rationales Denken vertreten würdet, könntet
ihr die Thora und das Evangelium erfüllen. Die Theologische
Hochschule (Hawza) kann erst dann den Koran erfüllen, wenn sie
einem rationalen Denken folgt. Sie muss eine große Rechtslehre
neben einer kleinen haben. Sie muss spekulative Theologie
neben anderen Wissenschaften praktizieren. Sie muss
Koranexegese neben anderen Wissenschaften lehren. Denken Sie
niemals, dass die Koranexegese ein einfaches Studium ist. Man
braucht deswegen auch nicht hochmutig zu werden, aber einige
von denen, die mit uns philosophische Texte studiert haben,
können sie jetzt sogar lehren oder haben sie schon wiederholt
gelehrt. Ich selbst bleibe auch jetzt noch in einigen
Koranversen wirklich stecken, weil noch keiner sich eingehend
mit ihnen beschäftigt hat. Exegese gleicht der Philosophie,
Theologie oder Rechtslehre nicht. Man kann einen Vers klar
darstellen. Sehen Sie sich einmal die Kommentare Madschma
al-Bayàn des Tabarsî und Tibyàn des Tusî an und beurteilen
Sie, welche Veränderung Madschma al-Bayàn während dieser
Jahrhunderte bewirkt hat. Sehr wenig wurde verändert. Er (Tabarsî)
hat die Arbeit des Schayh Tusî lediglich überarbeitet und
ausgeweitet. Außerdem hat er das Werk neu geordnet und die
Wörter, Vokalzeichen, die Offenbarungsgeschichte, die
Bedeutung und die Argumentationen voneinander getrennt. Er hat
sehr wenig Neues gesagt. Sehen Sie sich dann an, was Faydh
sagt. Man bleibt wirklich in vielen Versen stecken und kommt
nicht weiter. Nehmen Sie niemals an, dass der Korankommentar
ein Buch sei, das man nur so herunter lesen könne. Es ist
unmöglich, dass jemand ohne die Zuhilfenahme von Traditionen
die Tiefen des Korankommentars ergründen kann. Schon der
ehrwürdige Imam Muhammad Baqir sagte zu Qitàda: "Warum hat
dich Gott nicht ein Wort des Korans erben lassen (verstehen
lassen)?" Es ist eine wissenschaftliche Methode nötig, die die
Hawza besitzt und es ist ein ererbtes Wissen nötig, dass man
erlangen muss. Solange der Mensch nicht zum Erben der höchsten
himmlischen Gefilde wird, kann ihn auch kein Erbe des Himmels
erreichen. Dieser Weg ist jedoch für jeden offen. Einige
weisen immer den Weg und laden andere dazu ein, ihn zu sehen
und zu erkennen. Die den Weg gesehen haben, sind die
abrahamitischen Propheten, von denen er (Gott) sagt: "Wir
haben ihnen den Weg gezeigt. Sie sind Menschen, die erkennen,
und ihr seid Leute, die betrachten. Die Betrachtung und
Erkenntnis gebührt ihnen und euch die Betrachtung." - Immerhin
ist die Betrachtung Vorbereitung des Erkennens. - Betrachte,
damit du siehst: "Und so betrachtete Abraham die Gefilde der
Himmel und Erde, sodass er zu den Gottesfürchtigen gehörte." (Anàm,
75) Er sagte über uns in der Sura Aràf: "Betrachtet ihr denn
nicht die Gefilde der Himmel und der Erde?" Schaut, damit
unter euch vielleicht einer ist, der erkennt. - Also bedeutet
der Vers "Oh ihr Buchbesitzer, ihr fußt auf nichts, bevor ihr
nicht die Thora und das Evangelium erfüllt.": Wenn jemand
keinen festen Standpunkt hat, wird er niemals in der Lage
sein, seine Überzeugungen zu verteidigen. Imàm Sadiq sagte zu
seinen auserwählten Schülern: "Führt mit niemandem einen
Disput, der es vermag zu fliegen, während ihr schnell
abstürzt. Diskutiere also nicht mit jedem. Selbst Imam
Muhammad Baqir bildete Zaràra b. Ayun für eine Aufgabe aus,
Hamran b. Ayun für eine andere, Hischàm b. Sàlim und Hischàm
b. Hakam wieder für völlig andere usw.
Lesen Sie einmal das Werk "Tawhîd" des Scheich Saduq. Sie
werden dort auf eine Stelle stoßen, an der jemand zu Imàm
Sadiq kam. Er fragte den Neuankömmling: "Was ist tawhid?" Er
sagte: "Es ist genau das, dem auch ihr folgt." Eine andere
Person kam ebenfalls zu Imàm Sadiq. Der Imam fragte ihn: "Was
ist das Beweisargument für den tawhid?" Er sagte: "Die
zusammenhängende Ordnung des Universums und die Ordnung aller
Dinge." Es gibt eine dritte Art von Texten, die der Imam mit
Schülern wie Ahassठund Awhadî besprach. Hischàm berichtet:
Ich ging zu Imàm Sàdiq, ohne ihn etwas fragen zu wollen. Er
fragte mich jedoch: "Es gibt eine Eigenschaft, an der alle
Geschöpfe teilhaben." Hischàm sagte: "Was soll ich sagen?" Er
sprach: "Sag: ein Leben, das keinem Tod zum Opfer fällt, ein
Licht, das keine Dunkelheit kennt und ein Wissen, das keine
Unwissenheit beeinträchtigt." Als Sadr al-Mutaallihîn dies
aufnahm, entwickelte er es zu seinem berühmten Gottesbeweis "Burhàn-i
Sidiqqîn" weiter, in dem er sagte, Gott sei nicht wissend, er
sei das Wissen; er sei nicht lebendig, er sei das Leben; er
sei nicht leuchtend, er ist das Licht. Danach verließ Hischàm
den Imam und sagte: "Ich verließ den Imam und wusste am
meisten über den tawhîd Bescheid." Das nenne ich Theologie,
dass der Mensch am besten Bescheid weiß und "auf etwas fußt."
Wenn er "auf etwas fußt", kann er den Koran, das Buch und die
Sunna erst erfüllen. Solange also die Theologische Hochschule
Hawza nicht den Weg verfolgt, den der Imam vorgegeben hat,
wird sie auf nichts fußen. Der Allmächtige hat trotzdem
unseren Gelehrten Vieles gegeben. Die heutige Zeit ist auch
eine Zeit des Wissens. Diejenigen, die schreiben können, oder
Denker und Gelehrte sind, sollten sich nicht zu einem
niedrigen Preis verkaufen. Sie haben Verantwortung zu tragen.
Derjenige, der etwas versteht, und erstens Wissen und zweitens
innere Reinheit besitzt, ist verpflichtet, in der
Theologischen Hochschule zu bleiben, um ihren Wert zu
bewahren. Für andere steht dieser Weg auch offen.