Divan der persischen Poesie
Divan der persischen Poesie

Blütenlese aus der persischen Poesie, mit einer litterarhistorischen Einleitung, biographischen Notizen und erläuternden Anmerkungen.

Herausgegeben von Julius Hart.

1887 n.Chr.

Inhaltsverzeichnis

Divan der persischen Poesie

Ibn Jemin

Ich sprach: O Herz

Ich sprach: O Herz, du trugest
So mancher Sehnsucht Joch,
Und hofftest viel und frugest
Und warst zufrieden doch;

Du hast des Weltalls Richtung
Und Zweck und mehr durchschaut
Und Perlenflut der Dichtung,
Wie Lenzgewölk, getaut;

Hast, tapfer ohne Wanken,
Selbst Schicksalsmacht gelähmt,
Und, Hort von Lichtgedanken,
Der Sonne Licht beschämt.

Nun aber, Herz, o sage:
Warum trotz allem Wert,
Bist du, wie heutzutage
Die Großmut, ungeehrt?«

Da mit des Herzens Lippen
Sprach dieses Wort Verstand,
Das jene, die es nippen,
Belebt, wie Quell den Sand:

»Noch mehr, als was zu haben
Du selber glaubst und sinnst,
Ist dein an edlen Gaben,
An Wissen und Verdienst;

Doch weil du dieses eben,
Und nichts als dieses hast,
Und eben dies im Leben
Verfolgt wird und gehaßt,

Und des Verdienstes Ware
Sich tauscht um Mißgunst nur:
Bleibst du auch, dies erfahre,
Auf Erden ohne Spur!«

Schlechta Wssehrd. (Franz Xaver Schlechta von Wschehrd)

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