Divan der persischen Poesie
Divan der persischen Poesie

Blütenlese aus der persischen Poesie, mit einer litterarhistorischen Einleitung, biographischen Notizen und erläuternden Anmerkungen.

Herausgegeben von Julius Hart.

1887 n.Chr.

Inhaltsverzeichnis

Divan der persischen Poesie

Rumi

Aus dem Mesnewi - Doppelverse - Muhammed und der Spötter

Dem Achmed schnitt ein Spötter ein Gesicht
Und ein verzognes Antlitz blieb dem Wicht;
Da rief er aus: »Verzeihe meine Schuld,
O du, dem Weisheit ward von Gott und Huld!
Verhöhnt ich dich, so war's aus Unverstand,
Der Spott hat auf mich selber sich gewandt.«

Will Gott, daß jemand beschämt erscheine,
So macht er ihn zum Lästrer gegen Reine.
Will eine Unthat Gott in Nacht versenken,
So läßt er ihrer keinen Hauch gedenken.
Will Gott mit Hilf' und Beistand zu uns stehen,
Flößt er uns Drang zum Weinen ein und Flehen.
Selig das Aug', das ihm zerfließt in Thränen,
Glücklich das Herz, das ihm erglüht im Sehnen!
Kein Weinen, das nicht Gott zum Lachen lenkt;
O Heil dem Knechte, der des Ausgangs denkt!
Es schießt das Kraut, wo immer Bäche fließen,
Erbarmen sprießt, wo Thränen sich ergießen.
Dem Wasserrade gleich, im Thränentau
Klage, bis frisch ergrünt der Seele Au!
Weinende tröste, wenn du Thränen liebst,
Denn Gnade wird dir, wenn du Gnade übst.

Georg Rosen

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