.Nahdsch-ul-Balagha
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Nahdsch-ul-Balagha - Pfad
der Eloquenz
Die Predigten Imam Alis (a.)
1. Predigt – Über den Beginn der
Schöpfung
Über
den Beginn der
Schöpfung der
Himmel und der
Erde, die
Erschaffung
Adams, und er erwähnte darin (auch) die
Pilgerfahrt [hadsch].
(Die
Predigt) enthält (Worte über) die
Dankpreisung Allahs [hamd],
die Erschaffung der
Welt, die Erschaffung der
Engel, die
Erwählung der
Propheten, den
Qur'an und die Urteile des
islamischen Rechts [scharia].
Aller Preis gebührt
ALLAH, Den die
Sprechenden nicht in dem Maße
dankpreisen können, wie es Ihm
zusteht, Dessen Gaben die Rechnenden nicht aufzählen können,
Dem die sich (auf Seinem Wege) Anstrengenden nicht gerecht
werden können. (Er ist) Derjenige, Der durch die hohen
Bestrebungen nicht erreicht werden kann, den tiefschürfende
Intellekte nicht erlangen können, Der, Dessen Eigenschaften
keine Grenzen gesetzt sind, Dessen Charakter nicht existiert
(so dass er beschrieben werden könnte). Der, Der nicht
zeitlich begrenzt ist, Der die Schöpfung hervorbrachte durch
Seine Allmacht, die
Winde durch Seine
Gnade verstreute und die
taumelnde
Erde mit Felsen gestützt hat.
Das Wichtigste in der
Religion ist die
Erkenntnis [ma´rifa] über Ihn, und die Vervollständigung der
Erkenntnis Seiner besteht darin, Ihn zu bestätigen, die
Vervollständigung der Bestätigung Seiner besteht in der
(Bestätigung der)
Einheit [tauhid] Seiner, die
Vervollständigung (des Verständnisses) Seiner Einheit liegt in
der Aufrichtigkeit Ihm gegenüber. Die Vervollkommnung der
Aufrichtigkeit Ihm gegenüber liegt darin, Ihm keine
Eigenschaften zuzuschreiben, denn jede Eigenschaft zeugt
davon, dass sie nicht der Beschriebene ist, und alles
Beschriebene zeugt davon, dass es anders als die Eigenschaft
ist. Denn wer
ALLAH, Den Erhabenen, beschrieben hat, hat Ihn
bereits (mit dieser Eigenschaft) verbunden, und wer Ihn
(damit) verbunden hat, betrachtet Ihn als Zwei, wer Ihn als
Zwei ansieht, hat Ihn geteilt, und wer Ihn geteilt hat, kennt
Ihn nicht, und wer Ihn nicht kennt, hat auf Ihn gezeigt. Wer
auf Ihn gezeigt hat, hat Ihn begrenzt, und wer Ihn begrenzt
hat, hat Ihn gezählt. Wer gesagt hat, worin Er (enthalten)
ist, behauptet, dass Er (in irgendetwas) enthalten ist, und
wer sagt, wovon Er abgehalten wird, hat jenes von Ihm frei
gemacht. Er
existiert [ka´in], doch ohne irgendetwas, was Ihn
in die
Existenz gebracht hat, (und) Er
existiert, doch nicht
aus der Nicht-Existenz heraus. Er ist mit allen Dingen, doch
nicht (mit ihnen) verbunden, und Er ist anders als alle Dinge,
doch ohne (von ihnen) getrennt zu sein.
Er handelt, doch nicht im Sinne von
Bewegung und Werkzeugen, Er ist Sehend, selbst wenn es nichts
(von Ihm) gibt, was von Seinen Geschöpfen gesehen wird. Er ist
Der Einzige, so dass es niemanden gibt, mit dem Er
Gesellschaft hält und keinen, aufgrund dessen Verlustes Er
sich einsam fühlt.
Die Erschaffung der (gesamten)
Welt**
Er hat die Geschöpfe als wunderbare
Schöpfung erschaffen, und Er begann sie von Beginn an, ohne
Erwägung von Nachdenken, ohne Erfahrung, von der Er
profitierte, ohne eine Bewegung zu initiieren, und ohne
irgendeine Inspiration der Seele zu erfahren.
Er wies den Dingen ihre Zeiten zu, setzte
ihre Variationen zusammen, gab ihnen ihre natürlichen
Veranlagungen ein, bestimmte ihre Gestalt, die Er vor ihrer
Erschaffung kannte, unter völliger Kenntnis ihres Umfanges und
ihrer Grenzen, mit dem Wissen um ihre Zusammenhänge und
Komplexizität. Dann erschuf Er – Erhaben ist Er – die
Aufschließung der Atmosphäre, erschloss die Weiten und die
Wege der Luft. Er ließ Wasser in sie hineinfließen, dessen
Strömungen aufeinanderprallen und seine Wellen sich
aufeinander türmen. Er lud es auf den stürmischen Wind und
zerschmetternden Orkan, befahl ihnen, es zurückzubringen, gab
ihm (dem Wind) Kontrolle über die Stärke und setzte ihm seine
Grenzen fest. Der Wind weht scharf unter ihm, und das Wasser
fließt in wilder Strömung unter ihm. Dann erschuf Er – Erhaben
ist Er – einen Wind und machte sein Wehen steril,
festigte seine Position, intensivierte seine Bewegung und ließ
ihn sich weit verbreiten. Er befahl ihm, das schwellende
Wasser hochzupeitschen und die Wellen der Meere aufzuwirbeln.
Er schüttelte sie (die Meere) wie Milch, die zu Butter in
einem Milchschlauch verarbeitet wird und wehte dieses (Wasser)
mit heftigen Stürmen ins Weltall, warf dabei sein Vorderstes
nach hinten und das ruhige (Wasser) ins Hin- und Herwogende,
bis die Fluten anschwollen und ihre Oberfläche voller Schaum
war. Er erhob ihn (den Schaum) in die offenen Lüfte und ins
weite Firmament und bildete daraus sieben Himmel. Den
untersten davon formte Er als eine feststehende Welle, und den
höchsten als eine geschützte Decke und ein erhobenes Dach ohne
Säulen, die es stützen, und ohne Holzpfähle, die es
festhalten. Darauf schmückte Er ihn mit den Sternen und
Leuchten von durchdringender Helligkeit. Er ließ unter ihnen
eine Kerze als Wegweiser kreisen und einen leuchtenden Mond in
einer kreisenden Umlaufbahn mit beweglicher Decke und einer
rotierenden Inschrift.
Dann riss Er auf, was sich zwischen den
hohen Himmeln befindet und füllte es mit allen Rängen von
Engeln, unter ihnen sind welche, die sich niederwerfen und
nicht die Verbeugung [ruku´] ausführen, und andere sind in der
Verbeugung und stehen nicht (daraus) auf. (Andere) stehen
aufgereiht und verlassen nicht ihre Position, andere
lobpreisen Allah, dessen sie nicht überdrüssig werden. Der
Schlaf der Augen ergreift sie nicht, noch die Unaufmerksamkeit
des Verstandes noch die Mattigkeit der Körper noch die
Nachlässigkeit der Vergesslichkeit.
Unter ihnen sind Treuhänder Seiner
Offenbarung, die (als) Zungen
(an) Seine Propheten (dienen) und verschiedene (andere), mit
(unterschiedlichen) Aufgaben und Aufträgen. Unter ihnen sind
Beschützer Seiner Diener und Wächter der Tore zu Seinem
Paradies. Unter ihnen sind solche, deren Füße auf den
niedrigsten Erden gefestigt sind, während ihre Hälse den hohen
Himmel durchdringen und ihre Grundpfeiler zu allen Seiten
hervorkommen. Ihre Schultern sind in Übereinstimmung mit den
Säulen des Thrones, vor Ihm sind ihre Augen niedergeschlagen.
Sie haben das, was sich unter Ihm befindet, mit ihren Flügeln
verhüllt. Die Schleier der Ehre und der Schutzschirm der Macht
sind zwischen ihnen und allen anderen niedergefallen. Sie
stellen sich ihren Herrn nicht in Bildern vor, sie schreiben
Ihm nicht Eigenschaften von Erschaffenem zu, sie begrenzen Ihn
nicht auf Orte, und sie weisen nicht auf Ihn hin mit
Gleichnissen.
Dann sammelte Er, Der Erhabene, aus der
harten, weichen, süßen und sauren Erde Lehm zusammen und
formte ihn mit Wasser, bis er rein und lauter wurde und
bestrich ihn mit Feuchtigkeit, bis er klebrig wurde. Er formte
daraus eine Gestalt mit Krümmungen, Gelenken, Gliedern und
Segmenten. Er ließ es erstarren, bis es fest wurde, und ließ
es hart werden, bis es hohl klang für eine feste Zeit und eine
festgesetzte Frist. Dann blies er Ihm Seinen Geist ein, bis es
die Gestalt eines Menschen annahm mit Intellekt, den er
regiert, und Gedanken, über die er verfügt, Körpergliedern,
die ihm dienstbar sind, mit Organen, deren Position verändert
wird, Erkenntnis [ma´rifa], mit der er zwischen dem Wahren und
dem Falschen unterscheidet, Geschmacks- und Geruchssinn,
Farben und Arten, gemischt aus Ton von verschiedenen Farben,
harmonischen Ebenbildern, divergierenden Gegensätzen und
einander gegenüberstehenden Grundstoffen wie Hitze, Kälte,
Weichheit und Härte. Allah forderte die Engel dazu auf, Seine
Verheißung und die Verpflichtung, die Er ihnen auferlegt
hatte, einzulösen, indem sie Ihm durch die Niederwerfung
Gehorsam erwiesen und sich Ihm (und) Seiner ehrenvollen
Stellung unterwarfen. Der Erhabene sagte: „Werft euch vor
Adam nieder“, und sie warfen sich nieder, außer Iblis.“
Die Hitzigkeit (des Stolzes) überkam ihn
und Unerzogenheit überwältigte ihn, er war stolz darauf, aus
Feuer erschaffen zu sein und betrachtete die Schöpfung aus
Erde verächtlich. Allah gewährte ihm Aufschub, um ihn Seinen
Zorn voll verdienen zu lassen, um die Prüfung (für den
Menschen) zu vervollkommnen und die Verheißung zu erfüllen. Er
sagte: „Aufschub sei dir gewährt. Bis zu dem bestimmten
Tag.“
Dann ließ Er Adam in einer Wohnstatt
wohnen, bereitete ihm ein Leben im Überfluss und machte seine
Wohnstatt sicher. Er warnte ihn vor Iblis und seiner
Feindseligkeit, und Neid übermannte seinen Feind (Iblis) auf
seinen Wohnort (Paradies) und auf die Gefährtenschaft mit den
Rechtschaffenen. So tauschte er Gewissheit [yaqin] gegen
Zweifel ein und Entschlossenheit gegen Schwäche. Er tauschte
Glück gegen Furcht und Prestige gegen Reue ein. Dann bot Allah
ihm (die Möglichkeit) der Reue an und gab ihm Worte der
Barmherzigkeit. Er versprach ihm die Rückkehr in Sein Paradies
und schickte ihn hinab ins Reich der Prüfungen und Zeugung von
Nachkommen.
Er, Der Erhabene, erwählte aus seiner
(Adams, a.) Nachkommenschaft Propheten, schloss mit ihnen den
Bund für die Offenbarung und gab ihnen das Vertrauenspfand,
Seine Botschaft zu verkünden. Die meisten Seiner
(menschlichen) Geschöpfe veränderten die Verpflichtung, die
Allah ihnen auferlegt hatte, ignorierten Sein Recht und nahmen
(andere) als Ihn als Gleichwertige an. Die Satane machten sie
Seiner Erkenntnis gegenüber hochmütig und hielten sie davon
ab, Ihm zu dienen.
So berief Er unter ihnen Gesandte und
ließ Seine Propheten aufeinander folgen, damit sie die
Verpflichtung Seiner Schöpfung erfüllen, (damit) sie (die
Menschen) an Seine vergessenen Gnadengeschenke erinnern und
sie durch die Verkündung ermahnen, ihre verschüttete Vernunft
hervorholen und ihnen die Zeichen der Allmacht (Allahs) zeigen
mögen: (Den Himmel als) eine erhöhte Decke über ihnen, (die
Erde als) eine unter ihnen platzierte Ruhestätte,
Lebensunterhalt, von dem sie leben können, festgelegte
Fristen, die sie (eines Tages) hinwegnehmen, Leiden, die sie
altersschwach werden lassen und Ereignisse, die ihnen
nacheinander zustoßen. Allah, Der Erhabene, hat Seine
Schöpfung niemals ohne einen gesandten Propheten gelassen oder
ohne ein herabgesandtes Buch, einen verpflichtenden Beweis [hudscha]
oder einen aufrechten Weg [mahadscha qa´imah].
Gesandte, die weder ihre geringe Zahl
beeinträchtigt, noch die Vielzahl ihrer Leugner; unter ihnen
gab es entweder einen Vorgänger, der denjenigen benannte, der
nach ihm kam, oder einen Nachkommen, der denjenigen, der ihm
vorausgegangen war, bekannt machte.
So vergingen die Jahrhunderte und die
Zeiten verstrichen, Väter gingen voraus, und Söhne folgten den
Vätern nach, bis Allah, Der Erhabene, Muhammad, den Gesandten
Allahs, berief, Allah segne ihn und seine Familie und schenke
ihm Heil, auf dass er Seine Verheißung erfülle und das
Prophetentum vollende. Die Verpflichtung ihm gegenüber war den
anderen Propheten auferlegt worden, seine Charakterzüge waren
berühmt und seine Abstammung ehrenhaft. Die Erdenbewohner
waren zu jener Zeit in verschiedene Nationen geteilt, in
Sekten zerstreut und auf unterschiedlichen Wegen. Sie
verglichen Allah entweder mit Seiner Schöpfung, verzerrten
Seinen Namen oder ersuchten andere als Ihn um Rat. Er leitete
sie recht durch ihn (Muhammad, s.) aus dem Irrtum (heraus) und
rettete sie durch ihn vor der Unwissenheit. Dann erwählte Er,
Der Erhabene, Muhammad (s.), Ihn zu treffen,
machte ihm das lieb, was bei Ihm ist, ehrte ihn zu sehr, um
auf dieser Welt zu bleiben und wünschte ihn von dem Ort der
Heimsuchungen hinwegzunehmen. Er nahm ihn (s.) ehrenvoll zu
Sich.
Er hinterließ unter euch das, was die
(vorherigen) Propheten in ihren Völkern hinterlassen hatten,
da diese sie nicht allein gelassen hatten ohne einen klaren
Pfad und ohne das Buch ihres Herrn bei ihnen, das Sein
Erlaubtes und Sein Verbotenes definiert, die Verpflichtungen
und die tugendhaften Taten, das Aufhebende und das
Aufgehobene, die Dispensregelungen
und die festen Beschlüsse, das Spezielle und das Allgemeine,
die Lehren und die Gleichnisse, das Lange und das Kurze, die
eindeutigen und die mehrdeutigen (Verse), (das Buch, das)
seine Deutungen zusammenfasst und sein Verborgenes klarmacht.
Darunter ist (einiges), dessen Wissen
darum (für die Menschen) verpflichtend ist, und (anderes),
dessen Nichtwissen für die Menschen erlaubt ist. Es enthält
auch das, was dem Buche gemäß obligatorisch ist, und sein
Aufgehobenes ist in der Verfahrensweise [sunna] festgelegt,
und (ebenfalls) das, was nach der Verfahrensweise [sunna] als
Pflicht anzunehmen scheint, aber nach dem Buch zu unterlassen
erlaubt ist. Einiges ist verpflichtend in einer bestimmten
(begrenzten) Zeit und (jedoch) nicht mehr in der (fernen)
Zukunft. Unter dem Verbotenen; darin gibt es ebenfalls
Unterschiede: Es gibt große Sünden, für die (die Strafe des)
Feuers angedroht wird, oder kleine, deren Vergebung vorgesehen
ist. Es gibt auch die, deren geringe Zahl akzeptabel ist, die
sich aber vermehren können.
Das
Wichtigste in der Religion [din] ist das Wissen über Allah.
Die wörtliche Bedeutung von Religion [din] ist im Islam „Gehorsam
gegenüber dem Schöpfer“, und in seinem gebräuchlichen Sinn
ist es Gesetz. Ob nun die wörtliche oder die allgemein
gebräuchliche Bedeutung angenommen wird: In jedem Fall gilt:
Falls der Verstand unfähig wäre zu jeglicher göttlichen
Wahrnehmung, dann gäbe es keine Frage von Gehorsam, noch die
Verpflichtung, irgendeinem Gesetz zu folgen; weil wenn es kein
Ziel gäbe, dann würde sich auch die Frage nicht stellen,
darauf hinzuarbeiten. Wenn kein Objekt in Sicht ist, dann
liegt auch kein Sinn darin, Anstrengungen zu unternehmen, es
zu erreichen. Dennoch, wenn die Natur und die leitenden
Fähigkeiten des Menschen ihn mit einer höheren Macht in
Kontakt bringen und sein Sinn für Gehorsam und sein Impuls zu
Ergebung ihn einer Gottheit unterwerfen, dann sieht er sich
durch bestimmte Grenzen beschränkt. Diese Beschränkungen sind
„Religion“ [din], dessen Anfangspunkt Wissen um Allah ist und
die Anerkennung Seiner Existenz.
Nachdem er
das Wesentliche des göttlichen Wissens herausgestellt hatte,
hat der Befehlshaber der Gläubigen (a.) in einer zweiten Stufe
seine wichtigen Bestandteile und Bedingungen beschrieben. Er
hielt die Stufen jenes Wissens für unzureichend, welche die
Menschen allgemein als den höchsten Annäherungspunkt
betrachten. Er sagt, dass die erste Stufe diejenige mit dem
natürlichen Drang nach Forschung nach dem Unbekannten ist und
die Rechtleitung durch das Gewissen oder durch Erfahren von
den Anhängern der Religionen erfolgt, wodurch eine Vorstellung
über das Verborgene im Sinn geformt wird. Diese Vorstellung
ist tatsächlich jedoch der Vorläufer der Verpflichtung zum
Nachdenken und zur Reflexion und zum Erforschen Seines
Wissens. Jedoch diejenigen, die Faulheit lieben oder unter dem
Druck ihrer Umgebung stehen, stellen diese Nachforschung nicht
ungeachtet der Schaffung einer solchen Vorstellung an, und die
Vorstellung kann nicht bezeugt werden. In diesem Fall bleiben
sie ohne göttliches Wissen, und da sie aus eigenem Willen zur
Stufe des Bezeugens nach der Ausformung einer Vorstellung
keinen Zugang haben, verdienen sie es, dafür zur Rechenschaft
gezogen zu werden.
Aber jemand,
der durch die Kraft dieser Vorstellung motiviert wird, geht
weiter und hält Nachdenken und Reflexion für notwendig. Auf
diese Weise erreicht man die nächste Stufe zur Erlangung
göttlichen Wissens, nämlich durch (Bedenken der) Vielfalt in
der Schöpfung und unterschiedliche Vorgehensweisen der
Geschöpfe nach dem Schöpfer zu suchen, weil jedes Bild ein
fester und unbeweglicher Wegweiser zur Existenz seines Malers
ist und jede Wirkung ein Hinweis auf ihre Ursache ist. Wenn er
seinen Blick schweifen lässt, dann wird er nicht eine einzige
Sache finden, die ohne die Tat eines Erschaffers in die
Existenz gekommen ist, so sehr, dass er nicht den Fußabdruck
ohne einen Läufer oder ein Bauwerk ohne seinen Erbauer finden
wird. Wie kann er dann annehmen, dass dieser faszinierende
Himmel mit der Sonne und dem Mond in seiner Weite und die Erde
mit ihrer Fülle an Gras und Blumen darauf ohne die Tat eines
Schöpfers in die Existenz gekommen sein könnte? Daher kann
man, nach der Beobachtung von allem, was auf der Welt
existiert und des regulierten Systems der gesamten Schöpfung,
nur den Schluss ziehen, dass es für diese vielfältige Welt
einen Schöpfer geben muss, denn Existenz kann nicht aus der
Nicht-Existenz heraus entstehen, noch kann Existenz aus dem
Nichts heraus hervorsprießen.
Der Heilige
Quran hat darauf hingewiesen: ...Ist etwa ein Zweifel über
Allah, Den Schöpfer der Himmel und der Erde?...
Aber diese
Stufe wäre auch unzureichend, wenn diese Bezeugung, dass es
Allah gibt, von dem Glauben an die Göttlichkeit einer anderen
Gottheit getrübt werden würde.
In der
dritten Stufe sollte Seine Existenz zusammen mit dem Glauben
an die Einheit und Einzigkeit anerkannt werden. Ohne dieses
kann das Bezeugen von Allahs Existenz nicht vollständig sein,
da falls an mehrere Götter geglaubt werden würde, der Einheit
des Einen und Einzigen widersprochen werden würde, während es
zwingend notwendig ist, dass Er Einer ist. Der Grund liegt
darin, dass im Falle, dass es mehr als einen Gott gäbe, die
Frage aufkäme, ob einer von ihnen all diese Schöpfung
erschaffen hätte oder alle Götter zusammen. Wenn einer von
ihnen sie erschaffen hätte, dann sollte er einige
Unterscheidungsmerkmale besitzen, sonst würde er ohne Grund
eine Vorzugsstellung erhalten, was für den Verstand
inakzeptabel ist. Wenn alle zusammen sie erschaffen haben,
dann hat die Stellung eines Gottes nur zwei Formen: Entweder
er kann seine Funktion nicht ohne die Hilfe von anderen
erfüllen, oder er benötigt ihre Hilfe nicht. Im ersten Fall
würde das bedeuten, dass er unfähig und der Hilfe anderer
bedarf, während es im anderen Fall mehrere wären, die einen
einzigen Akt durchführen, und die Unsinnigkeit von Beidem ist
bereits aufgezeigt worden. Wenn wir annehmen, dass alle Götter
den Schöpfungsakt unter sich aufgeteilt haben, dann wird nicht
jedes einzelne Geschöpf das gleiche Verhältnis zum Schöpfer
haben, da jedes Geschöpf nur zu seinem eigenen Schöpfer in
Beziehung stehen wird, wogegen jedes Geschöpf ein und dieselbe
Beziehung zu allen Schöpfern haben sollte. Das ist deswegen
so, weil die gesamte Schöpfung ein und dasselbe Verhältnis zu
all den Schöpfern haben sollte, wie auch alle Geschöpfe in
ihrer Fähigkeit, Wirkung anzunehmen und all die Schöpfer in
ihrer Fähigkeit, Wirkung auszuüben, zueinander im gleichen
Verhältnis stehen sollten. Auch würden mehrere Götter die
Frage nach deren Grenzen bzw. Unterscheidungsmerkmalen in dem
Sinn aufwerfen, dass offenbar keiner von ihnen absolut ist.
Ist Er aber nicht absolut, wäre Er selbst nur Wirkung und man
müsste nach Seiner Ursache fragen. Kurz, es gibt keinen
anderen Weg, als Ihn als Einen zu erkennen.
Zerstörung
ist unabdingbar für die Erde, den Himmel und alles in der
Schöpfung. Allah, Der Erhabene, hat dieses Argument in
folgenden Worten ausgedrückt: „Gäbe es in ihnen (Himmel und
Erde) Götter außer Allah, dann wären wahrlich beide verdorben
worden.“
Die vierte
Stufe besteht darin, dass Allah als frei von allen
Unzulänglichkeiten und Defiziten wahrgenommen wird, so wie Er
als frei von Körper, Form, Bildnis, Ähnlichkeit, Ort, Zeit,
Bewegung, Stille, Unfähigkeit und Unwissenheit gesehen werden
muss, weil es im perfekten Wesen keine Unzulänglichkeit oder
Defizit geben kann, sowie niemand sich wie Er dünken kann,
weil all diese Eigenschaften ein Wesen von der hohen Stellung
des Schöpfers auf die niedrige des Geschöpfes herabsinken
lassen würde. Das ist der Grund, warum Allah Reinheit von
Unfähigkeit und Einheit für gleich wichtig erachtet:
„Sprich: ‚Er
ist Allah, Der Einzige, Allah, Der Bedürfnislose
(Unabhängige). Er zeugt nicht, noch wurde Er gezeugt, Und
niemand ist Ihm gleich.’“
„Blicke
können Ihn nicht erreichen, Er aber erreicht die Blicke. Und
Er ist der Gütige, der Allkundige.“
„So präget
Allah keine Gleichnisse. Gewiss, Allah weiß und ihr wisset
nicht.“
„...Nichts
gibt es Seinesgleichen; und Er ist der Allhörende, der
Allsehende.“
Die fünfte
Stufe, die Sein Wissen vervollkommnet, besteht darin, dass Ihm
von außen keine Attribute zugeschrieben werden sollen, damit
keine Zweiheit in Seiner Einheit aufkommt, und die Abweichung
von der richtigen Bedeutung der Einheit könnte im Labyrinth
„einer in drei“ und „drei in einem“ enden. Denn Sein Wesen ist
keine Kombination von Substanz und Form, so dass Ihm
Eigenschaften anhaften könnten wie der Duft den Blumen
(anhaftet) oder Helligkeit den Sternen. Er ist vielmehr der
Ursprung aller Eigenschaften und benötigt kein Medium, um
Seine Vollkommenen Eigenschaften zu manifestieren. Wenn Er der
Allwissende genannt wird, dann deshalb, weil die Zeichen
Seines Wissens offenkundig sind. Wenn Er „Allmächtig“ genannt
wird, dann weil jedes kleinste Teilchen auf Seine
Allwissenheit und Aktivität hinweist. Und wenn Ihm die
Fähigkeit zu hören oder zu sehen zugeschrieben wird, dann,
weil die gesamte Schöpfung in Beziehung miteinander steht, und
sie nicht ohne zu hören und zu sehen beherrscht werden kann.
Aber das Vorhandensein dieser Eigenschaften können Ihm nicht
in der selben Weise zugeschrieben werden, wie sie in der
Schöpfung existieren, etwa wie dass Er nur in der Lage ist,
etwas zu wissen, nachdem Er Wissen erworben hat, oder dass Er
nur stark und mächtig ist, nachdem Energie durch Seine
Körperglieder fließt. Denn wenn Er Eigenschaften annehmen
würde, die von Seinem Wesen getrennt wären, würde dies
Dualität bedeuten, und wo Dualität ist, da verschwindet die
Einheit. Das ist der Grund, warum der Befehlshaber der
Gläubigen (a.) den Gedanken verwarf, dass Eigenschaften
zusätzlich zu Seinem Wesen hinzugefügt werden. Er (a.) stellte
die Einheit in ihrer wahren Bedeutung vor und erlaubte nicht,
dass die Einheit Gottes durch den Makel der Vielfalt
beschmutzt wird. Das heißt nicht, dass Ihn überhaupt keine
Eigenschaften zugeschrieben werden können, da dies die Meinung
derjenigen unterstützen würde, die im dunklen Abgrund des
Negativismus gefangen sind, obgleich alle Ecken und Winkel des
gesamten Seins mit Seinen Eigenschaften übervoll sind und
jedes kleine Teil der Schöpfung davon zeugt, dass Er Wissen
besitzt, Mächtig ist, dass Er hört und sieht. Er ernährt unter
Seiner Obhut und erlaubt durch Seine Barmherzigkeit Wachstum.
Das will heißen, dass nichts für Ihn als ein Bindeglied zu Ihm
betrachtet werden kann, weil Er selbst Eigenschaften umfasst,
und Seine Eigenschaften bezeichnen Sein Wesen. Imam Sadiq
(a.) ergänzte die erhellende Worte Imam Alis (a.) mit dem
Konzept der wahren ungetrübten Einheit, als er (a.) sagte:
„Allah, Der
Erhabene, der Großartige, hatte immer Wissen gehabt, als Er
Selbst, auch wenn es nichts gab, was man hätte wissen können,
Er war Sehend, als Er Selbst, auch wenn es nichts gab, was zu
erblicken wäre, Er war Hörend, auch wenn es nichts gab, was
man hätte hören können, und Er besaß Macht, als Er Selbst,
obwohl es nichts gab, was unter Seiner Macht stand (keine
Geschöpfe). Als Er die Dinge erschuf und die Objekte in die
Existenz kamen, entstand eine Beziehung zwischen Seinem Wissen
und dem Gewussten, zwischen dem Hören und dem Gehörten,
zwischen dem Sehen und dem Gesehenen und der Macht zu ihrem
Untergebenen.“
Das ist der
Glaube, über den die Imame der Prophetenfamilie einmütig sind.
Der
Befehlshaber der Gläubigen (a.) sagt über den Heiligen Quran,
dass er Beschreibungen enthält vom Erlaubten und vom
Unerlaubten wie z.B. „Allah hat den Handel erlaubt, aber
Zins verboten“.
Er erklärt obligatorische und freiwillige Handlungen wie
„Wenn ihr das Gebet beendet habt, dann gedenkt Allahs im
Stehen, Sitzen und Liegen, und wenn ihr in Sicherheit (vor dem
Feind) seid, dann verrichtet das Gebet (wie gewöhnlich).“
Hier ist das Gebet obligatorisch, während andere Formen des
Gedenkens an Allah freiwillig sind. Der Heilige Quran enthält
aufhebende und aufgehobene Verse, wobei Gelehrte
unterschiedliche Beispiele anbringen. An bestimmten Stellen
erlaubt er das Verbotene wie „Wer aber durch Not getrieben
wird ohne willentlich zu sündigen oder zu übertreten, der
begeht keine Sünden. “
Er enthält
ausdrückliche Befehle wie z.B.: Ein Mensch darf Allah
niemanden beim Gottesdienst zur Seite stellen.
Er hat spezielle und allgemeine Aussagen. Die allgemeinen
Aussagen sind in ihrer Bedeutung umfassend, z.B.: Allah hat
Wissen über Alles.
Er beinhaltet Lektionen und Veranschaulichungen und
Illustrationen wie „Das Gleichnis derer, die ihr Eigentum
auf dem Wege Allahs ausgeben, ist wie ein Samenkorn, was mit
sieben Ähren wächst, jede davon trägt hundert Körner.“
Der Heilige
Quran hat unspezifische und spezifische Verse. Unspezifisch
ist einer, der keine Begrenzungen hat in der Bedeutung.
Spezifisch ist einer, dessen Bedeutung eingeschränkt ist. Im
Heiligen Quran existiert Klares und unklar Erscheinendes,
wobei es vom Leser abhängt, was ihm klar und was ihm unklar
erscheint, wie eine ideale Medizin, die sich dem Leser gemäß
seinem Entwicklungszustand anpasst. Darin befinden sich kurze
Anweisungen wie z.B. „verrichtet das Gebet“, und solche
von tiefer Bedeutung wie die Verse, über die gesagt wird:
„Dessen Bedeutung niemand kennt, außer Allah und diejenigen,
die fest verwurzelt im Wissen sind.“
Dann weitet
der Befehlshaber der Gläubigen (a.) dieses Thema aus in einem
anderen Stil und sagt, dass es Einiges darin gibt, was zu
wissen notwendig ist, wie z.B. „So wisset, dass es keinen
Gott außer Allah gibt“,
und dass es andere Verse gibt, deren genaue Bedeutung zu
kennen nicht unbedingt notwendig ist, wie z.B. „Alif lam
mim“.
Es gibt im Heiligen Quran auch einige Anweisungen, welche die
frühere Sunna des Propheten aufhoben, wie z.B. „Wende dein
Antlitz der Heiligen Moschee (in Mekka) zu“,
durch den die frühere Gebetrichtung zum Heiligen Haus [bait-ul-muqaddas]
in Jerusalem aufgehoben wurde. Der Heilige Quran enthält auch
Befehle, die nur eine bestimmte Zeit lang verpflichtend sind,
nach deren Ablauf die Verpflichtung endet, wie z.B. „Wenn
zum Gebet am Freitag gerufen wird, dann eilt zum Gedenken
Allahs“.
Er enthält zudem bezeichnete Grade der Verbote wie die
Einteilung der Sünden in große und kleine – große wie „wenn
jemand einen Menschen tötet ... so soll es sein, als hätte er
die ganze Menschheit getötet“.
In
dieser Predigt spricht er (Imam Ali, a.) über die Pilgerfahrt
[hadsch].
Und Er hat euch die Pilgerfahrt [hadsch]
zum Heiligen Hause zur Pflicht gemacht, welches Er zur
Gebetsrichtung [qibla] für die Menschen gemacht hat, die
(durstig) zu ihm gehen, wie das Vieh (zur Tränke) geht, und
wie die Tauben (zum Springbrunnen fliegen). Er, Gelobt sei Er,
machte es zu einem Zeichen, sich vor Seiner Größe demütig zu
zeigen und sich Seiner Macht zu unterwerfen. Er erwählte unter
Seinen Geschöpfen diejenigen, die auf Seinen Ruf hörten und
ihm Folge leisteten und Sein Wort bestätigten. Sie standen in
der Stellung Seiner Propheten und ähnelten Seinen Engeln, die
Seinen Thron umkreisen, und sie bewahren die Gewinne aus dem
Handel des Gottesdienstes an Ihm, und sie eilen zu Seiner
verheißenen Vergebung. Allah, Der Erhabene, hat es (das
Heilige Haus) zu einem Emblem für den Islam und zu einem
heiligen (geweihten) Bereich für die gemacht, die (dorthin)
Zuflucht suchen. Er bestimmte Sein Recht und machte die
Pilgerfahrt [hadsch] zu ihm (dem Heiligen Haus) zur Pflicht,
und euch ist vorgeschrieben, dorthin zu kommen. Er, Der
Erhabene, sagte: „Und die Pilgerfahrt zu diesem Haus – wer
nur immer einen Weg dahin finden kann – ist den Menschen eine
Pflicht vor Allah. Wer aber verleugnet, Allah ist unabhängig
von allen Geschöpfen.“
Die
Pilgerfahrt [hadsch] ein Mal im Leben gehört zu den Pflichten
der Muslime, welche die Voraussetzungen dafür erfüllen und
somit imstande dazu sind. Imam Ali (a.) vergleicht das
Umkreisen der Kaaba in Mekka, welches zu den Pflichtriten bei
der Pilgerfahrt gehört, mit dem sinnbildlichen Umkreisen des
Thrones Gottes. Auch wird die Region der Kaaba als geweihter
Ort vorgestellt, in dem Muslime grundsätzlich Schutz zu finden
haben, woran sich die Herrscher der Muslime in der Geschichte
des Islam allerdings nicht gehalten haben.