Nahdsch-ul-Balagha - Pfad
der Eloquenz
Darin tadelt er die Leute von
Basra nach der Kamelschlacht streng.
Ihr wart Soldaten einer Frau, und ihr
folgtet einem Tier. Wenn es brummte, habt ihr dem
stattgegeben, und als es verwundet wurde, seid ihr geflohen.
Eure Moral ist gering, euer Schwur ist gebrochen, und eure
Religion ist Heuchelei. Euer Wasser ist brackig, wer unter
euch verbleibt, ist mit seinen Sünden beladen, und wer sich
von euch abwendet, erlangt die Barmherzigkeit von seinem
Herrn. (Es ist) als ob eure Moschee wie der Rumpf eines
Schiffes ist, auf das Allah die Strafe von oben und unten
gesandt hat, und jeder darauf ertrunken ist.
In einer (anderen)
Überlieferung darüber:
Bei Allah,
euer Land wird sicherlich ertrinken, so dass (es mir vorkommen
wird) als sehe ich dessen Moscheen wie den Rumpf eines
Schiffes oder wie einen dicken Vogelstrauß.“
In
einer anderen Version:
...wie den Rumpf eines Vogels auf
hoher See.
In
einer (noch) anderen Version:
Euer Land ist das Verkommenste
unter der den Ländern Allahs in Bezug auf Seine Erde: Sie ist
am nächsten zum Wasser und am weitesten vom Himmel entfernt,
und durch sie (entstehen) neun Zehntel des Übels. (Wer sich
darin befindet) ist darin gefangen wegen seiner Sünden, und
wer (sie) verlässt, (tut es) durch die Vergebung Allahs. (Es
ist) also ob ich auf diese eure Stadt blicke, die das Wasser
so bedeckt hat, so dass nichts mehr davon sichtbar ist bis auf
die Emporen der Moschee, als ob sie der Rumpf eines Vogels auf
hoher See sei!
Ibn Maitham schreibt, dass der Befehlshaber der Gläubigen
(a.) am dritten Tag nach dem Ende der Kamelschlacht das
Morgengebet in der zentralen Moschee von Basra leitete.
Nachdem er es beendet hatte, stellte er sich auf die rechte
Seite des Gebetsplatzes, lehnte sich gegen die Mauer und hielt
diese Predigt, in der er den niederen Charakter der Leute von
Basra beschrieb und ihre Hinterhältigkeit, nämlich dass sie
durch die Aufhetzung anderer angeheizt wurden und einer Frau
das Kommando gegeben hatten, die an ein Kamel geklammert war.
Sie brachen weg, nachdem sie den Treueid geleistet hatten, und
enthüllten ihren niederen Charakter und ihr bösartiges Wesen,
indem sie Doppelgesichtigkeit praktizierten. In dieser Predigt
bezeichnet das Wort „Frau“ Aischa und „Tier“ das Kamel, auf
dem sie saß, nach dem diese Schlacht als „Kamelschlacht“
benannt wurde.
Die Schlacht
nahm ihren Ausgangspunkt folgendermaßen: Obwohl Aischa gegen
Uthman, solange er am Leben war, immer zu opponieren pflegte,
und sie nach Mekka verreist war, wobei sie ihn unter
Belagerung zurückließ und somit eine gewisse Mitschuld an
seiner Ermordung hatte, rief sie plötzlich aus, als sie
während ihrer Rückkehr von Mekka nach Medina von Abdullah ibn
Salama hörte, dass Ali nach Uthman der Treueid geleistet
worden war: „Wenn Ali der Treueid geleistet wurde, dann
wünschte ich, dass der Himmel auf die Erde gestürzt wäre!
Lasst mich nach Mekka zurückkehren.“ Infolgedessen
entschloss sie sich, nach Mekka zurückzukehren und sagte:
„Bei Allah, Uthman wurde in hilflosem Zustand getötet. Ich
werde sein Blut sicherlich rächen.“ Angesichts dieses
Sinneswandels sagte Abu Salama: „Was sagst du, da du doch
immer gesagt hast, ´Tötet diesen Na´thal
(„alter Dummkopf“), er ist zum Ungläubigen geworden!´“
Daraufhin erwiderte sie: „Nicht nur ich, sondern jeder
sagte das, aber lass diese Sachen beiseite und höre, was ich
jetzt sage. Das ist besser und verdient mehr Aufmerksamkeit.
Es ist so seltsam, dass er erst zur Reue aufgerufen wurde,
aber getötet wurde, bevor man ihm eine Gelegenheit dazu
gegeben hatte.“ Daraufhin rezitierte Abu Salama folgende
wahrscheinlich selbst gedichtete Verse,
die er an sie richtete:
„Du hast
es begonnen, und nun wechselst du und erhebst Stürme von Wind
und Regen.
Du befahlst
diesen Mord und sagtest zu uns, er sei ein Ungläubiger
geworden.
Wir geben zu,
dass er getötet wurde, jedoch auf deine Befehle hin und der
wirkliche Mörder ist derjenige, der ihn (den Mord) befohlen
hat.
Dennoch,
weder stürzte der Himmel auf uns noch verfinsterten sich Mond
und Sonne.
Sicherlich
haben die Leute demjenigen den Treueid geleistet, der den
Gegner mit Macht und Würde abwehren kann, der den Schwertern
nicht erlaubt, sich ihm zu nähern und die Verdrehung des Seils
lösen kann (d.h. der den Gegner besiegt).
Er ist immer
voll bewaffnet für den Kampf, und der Gläubige ist niemals der
Verräter.“
Aber als sie
Mekka mit Rachedurst erreichte, begann sie die Menschen dazu
aufzuhetzen, Uthmans Blut zu rächen, indem sie Geschichten in
Umlauf brachte, wie er Opfer geworden wäre. Abdullah ibn Amir
al-Hadhrami war er Erste, der darauf einging, der unter
Uthmans Regiment Gouverneur von Mekka gewesen war. Und mit ihm
erhoben sich Marwan ibn al-Hakam, Sa´id ibn Aas und andere
Umayyaden, um sie zu unterstützten. Auf der anderen Seite
traten Talha ibn Ubaidullah und Zubair ibn Awwam ebenfalls von
Medina aus in Mekka ein. Von Jemen aus kamen Ya´la ibn
Munabbih, der dort während Uthmans Kalifat Gouverneur gewesen
war, und der frühere Gouverneur von Basra, Abdullah ibn Amir
ibn Kuraiz ebenfalls dort an. Sie trafen zusammen und begannen
ihre Pläne zu schmieden. Die Schlacht war beschlossen worden,
aber es wurde noch über den Schauplatz der Konfrontation
diskutiert. Aischa war der Meinung, dass Medina der Schauplatz
der Schlacht werden sollte, aber einige Leute waren dagegen
und hielten es für schwierig, mit den Medinensern umzugehen
und meinten, dass irgendein anderer Ort als Schauplatz gewählt
werden sollte. Zuletzt nach vielem Diskutieren wurde
beschlossen, gegen Basra zu marschieren, da es dort keinen
Mangel an Männern gab, um die Sache zu unterstützen. Also
stellten sie mit dem Reichtum von Abdullah ibn Amir und Ya´la
ibn Munabbih und ihrer Bereitstellung von sechshunderttausend
Dirham und sechshundert Kamelen eine Armee von dreitausend
Mann auf und brachen Richtung Basra auf.
Es gab
unterwegs einen kleinen Zwischenfall, aufgrunddessen Aischa
sich weigerte, den Weg fortzusetzen. Sie hörte an einem Ort
lautes Hundegebell und fragte den Kameltreiber nach dem Namen
des Ortes. Er sagte, es sei Haw´ab. Als sie das hörte,
erinnerte sie sich an die Ermahnung des Propheten, als er zu
seinen Frauen sagte: „Ich wünschte, ich wüsste, welche von
euch die Hunde von Haw´ab anbellen werden.“ Als sie
merkte, dass sie selbst diejenige war, ließ sie das Kamel sich
niedersetzen, indem sie ihm einen leichten Schlag versetzte
und erklärte ihre Absicht, den Feldzug abzubrechen. Doch ein
Einfall ihrer Gefährten rettete die sich (aus ihrer Sicht) zu
verschlechtern drohende Situation. Abdullah ibn Zubair schwor
und versicherte ihr, dass es nicht Haw´ab sei, Talha
pflichtete ihm bei und schickte nach fünfzig Leuten, um das zu
bezeugen und sie noch sicherer zu machen. Als all diese Leute
das beschworen, konnte eine einzelne Person dagegen kaum
widersprechen. Schließlich hatten sie Erfolg bei ihr, und
Aischa nahm ihren Marsch wieder auf.
Als diese
Armee Basra erreichte, waren die Leute erst verwundert,
Aischas Reittier zu sehen. Dschariya ibn Qudama trat vor und
sagte: „Oh Mutter der Gläubigen, Uthmans Ermordung war eine
Tragödie, aber die größere Tragödie besteht darin, dass du auf
diesem verfluchten Kamel (aus deinem Haus) herausgekommen bist
und deine Ehre und dein Ansehen ruiniert hast. Es ist besser,
wenn du zurückkehrst.“ Doch da weder der Vorfall von
Haw´ab noch die Ermahnung im Qur´an „Und bleibt in euren
Häusern“
sie abschrecken und aufhalten konnten, welche Wirkung konnten
dann diese Worte haben? Daher schenkte sie all dem keine
Beachtung.
Als diese
Armee versuchte, in die Stadt einzudringen, trat der
Gouverneur von Basra, Uthman ibn Hunaif vor, um sie
aufzuhalten, und als beide Parteien sich gegenüberstanden,
zogen sie ihre Schwerter und stürzten sich aufeinander. Als
eine stattliche Anzahl auf jeder Seite getötet worden war,
intervenierte Aischa aufgrund ihres Einflusses, und die beiden
Gruppen kamen darüber überein, dass bis zum Eintreffen des
Befehlshabers der Gläubigen (a.) die derzeitige Verwaltung von
Basra bestehen bleiben und Uthman ibn Hunaif auf seinem Posten
verbleiben sollte. Aber nur zwei Tage waren vergangen, als sie
einen nächtlichen Angriff auf Uthman ibn Hunaif ausführten,
vierzig unschuldige Menschen töteten, Uthman ibn Hunaif
zusammenschlugen, ihm jedes Haar aus seinem Bart rissen, ihn
in ihre Gewalt brachten und einsperrten. Dann überfielen sie
die öffentliche Staatskasse und während sie diese ausraubten,
töteten sie zwanzig Leute an Ort und Stelle und köpften
fünfzig weitere, nachdem sie diese gefangen genommen hatten.
Dann griffen sie das Getreidelager an, worauf ein älterer
Angesehener von Basra, Hukaim ibn Dschabala, sich nicht
beherrschen konnte und zu Abdullah ibn Zubair sagte, als er
dort mit seinen Männern ankam: „Lasse einiges von dem
Getreide für die Bevölkerung der Stadt übrig, und nach all dem
sollte es (selbst) bei der Unterdrückung eine Grenze geben.
Ihr habt überall Tod und Zerstörung verbreitet und Uthman ibn
Hunaif gefangen genommen. Um Allahs Willen hört auf mit der
Zerstörung und lasst Uthman ibn Hunaif frei. Ist keine
Gottesehrfurcht in euren Herzen?“ – „Das ist Vergeltung
für Uthmans Blut“, sagte Ibn Zubair. „Waren denn diese,
die getötet wurden, Uthmans Mörder?“ erwiderte Hukaim ibn
Dschabala „Bei Allah, wenn ich Unterstützer und Gefährten
hätte, würde ich sicherlich das Blut dieser Muslime vergelten,
die ihr ohne Grund getötet habt!“ – „Wir werden nichts
von diesem Getreide herausgeben“, antwortete Ibn Zubair,
„noch wird Uthman ibn Hunaif freigelassen.“ Schließlich
wütete die Schlacht zwischen diesen beiden Parteien, doch wie
können ein paar Einzelne mit so einer Übermacht fertig werden?
Das Ergebnis war, dass Hukaim ibn Dschabala, sein Sohn
al-Aschraf ibn Hukaim ibn Dschabala, sein Bruder al-Ril ibn
Dschabala und siebzig Männer seines Stammes getötet wurden.
Kurzum, Mord und Verwüstung herrschten überall. Weder war man
sich seines Lebens sicher noch gab es irgendeinen Weg, um
seine Ehre oder Eigentum zu schützen.
Als der
Befehlshaber der Gläubigen (a.) über den Marsch auf Basra in
Kenntnis gesetzt wurde, brach er mit einer Armee aus
siebzigtausend auf, darunter Leute, die an der Schlacht von
Badr teilgenommen hatten, und vierhundert Gefährten des
Propheten, die beim Treueid von Ridhwan
anwesend gewesen waren. Als er auf der Hochebene von Dhiqar
anhielt, entsandte er seinen Sohn Hassan (a.) und Ammar ibn
Yasir nach Kufa, um deren Bewohner zum Kampf aufzurufen.
Infolgedessen schlossen sich siebentausend Kämpfer trotz der
negativen Einmischung von Abu Musa Al-Asch´ari der Armee des
Befehlshabers der Gläubigen (a.) an. Er verließ jenen Ort,
nachdem er der Armee verschiedene Kommandeure zugeteilt hatte.
Augenzeugen
berichteten, dass als diese Streitmacht sich Basra näherte, zu
allererst das Kontingent der Ansar
ganz vorn erschien. Ihr Banner wurde von Abu Ayyub al-Ansari
gehalten. Danach trat ein anderes Kontingent von tausend Mann
in Erscheinung, dessen Kommandeur Chuzaima ibn Thabit
al-Ansari war. Dann wurde ein weiteres Kontingent gesichtet,
und dessen Banner wurde von Abu Qatada ibn Rabi getragen.
Danach war eine Menge von alten und jungen Leuten zu sehen.
Sie hatten die Zeichen der Niederwerfung auf ihren Stirnen und
Ausstrahlung der Gottesehrfurcht auf ihren Gesichtern. Es sah
aus, als ob sie vor der göttlichen Herrlichkeit am Tage des
Gerichts stünden. Ihr Kommandeur ritt ein dunkles Pferd, er
war weiß gekleidet, auf seinem Haupt hatte er einen schwarzen
Turban, und er rezitierte laut den Heiligen Qur´an. Das war
Ammar ibn Yasir. Dann erschien ein anderes Kontingent, und
sein Banner war in der Hand von Qais ibn Sa´d ibn Ubada.
Anschließend wurde eine Armee gesichtet. Ihr Anführer war weiß
gekleidet und trug einen schwarzen Turban auf seinem Haupt. Er
sah so gut aus, dass alle Augen auf ihn gerichtet waren. Das
war Abdullah ibn Abbas. Dann folgte ein Kontingent von
Prophetengefährten. Ihr Bannerträger war Qutham ibn al-Abbas.
Nachdem ein paar Kontingente vorbeimarschiert waren, zeigte
sich eine große Menge, in der sich so viele Speere befanden,
dass sie zusammenstießen und Flaggen von mannigfachen Farben
wehten.
Unter ihnen
sah man ein großes und erhabenes Banner mit einer bestimmten
Position. Hinter ihm sah man einen Reiter, der von
Hocherhabenheit und Größe behütet wurde. Er war von sehniger
Gestalt und hielt seine Augen niedergeschlagen. Er wirkte so
Ehrfurcht gebietend und würdig, dass ihn niemand direkt
ansehen konnte. Dies war der immer siegreiche Löwe Allahs,
nämlich Ali ibn Abi Talib (a.). Zu seiner Rechten und Linken
waren Hassan (a.) und Hussain (a.), vor ihm schritt Muhammad
ibn al-Hanafiyya langsamen Schrittes einher und trug das
Banner von Sieg und Ruhm, dahinter waren die jungen Männer der
Banu Haschim, die Leute von Badr und Abdullah ibn Dscha´far
ibn Abi Talib. Als diese Armee den Ort „al-Zawiyah“ erreichte,
stieg der Befehlshaber der Gläubigen (a.) vom Pferd ab. Und
nachdem er vier Gebetsabschnitte [rak´a] gebetet hatte, legte
er seine Wangen auf die Erde. Als er sein Haupt erhob, war die
Erde getränkt mit Tränen, und er sagte folgende Worte: „Oh
Erhalter von Erde, Himmel und Universum, dies ist Basra. Fülle
unseren Schoß mit seinem Guten und beschütze uns vor seinem
Bösen.“
Dann ging er
voran auf das Feld der Kamelschlacht, wo der Gegner bereits
lagerte. Zuerst verkündete der Befehlshaber der Gläubigen (a.)
in seiner Armee, dass niemand irgendjemanden angreifen noch
die Initiative zum Kampf ergreifen sollte. Als er das sagte,
kam er zur gegnerischen Armee und sagte zu Talha und Zubair:
„Ihr fragt Aischa – indem ihr beim Namen Allahs und Seines
Propheten schwört – ob ich ihm die gleichen Worte gesagt habe,
die ihr zu sagen pflegtet, und ob ich euch unter Druck gesetzt
habe, dass ihr den Treueid schwört, oder schwort ihr ihn aus
freiem Willen?“ Talha geriet aufgrund dieser Worte in
Zorn, doch Zubair ließ sich erweichen.
Der
Befehlshaber der Gläubigen (a.) wandte sich danach ab, er gab
den Qur´an Muslim
und schickte ihn zu ihnen, um ihnen das Urteil des Qur´an zu
verkünden. Doch die Gegner nahmen die beiden als Zielscheibe
und bedeckten diesen Mann mit ihren Pfeilen. Dann ging Ammar
hin, um mit ihnen zu verhandeln, sie vor den Konsequenzen des
Krieges zu warnen und von der Warnung zu überzeugen, doch auch
seine Worte wurden mit Pfeilen beantwortet. Bis dahin hatte
der Befehlshaber der Gläubigen (a.) keinen Angriff gestattet,
und deswegen fühlte sich der Gegner ermutigt und ließ
unablässig Pfeile regnen. Zuletzt wurde durch das Sterben
einiger heldenhaften Kämpfer unter den Reihen des
Befehlshabers der Gläubigen (a.) Verwirrung gestiftet, und
einige Männer kamen mit ein paar Leichen zu ihm und sagten:
„Oh Befehlshaber der Gläubigen, du erlaubst uns nicht zu
kämpfen, während sie uns mit Pfeilen beschießen. Wie lange
können wir unsere Brüste ihren Pfeilen zum Opfer werden
lassen, und angesichts ihrer Exzesse untätig bleiben?“
Daraufhin
zeigt der Befehlshaber der Gläubigen (a.), dass er ärgerlich
war, aber er wahrte Beherrschung und Standhaftigkeit, kam zum
Gegner, wie er war, ohne Waffen und Brustpanzer und rief:
„Wo ist Zubair?“ Zuerst zögerte Zubair vorzutreten, aber
als er sah, dass der Befehlshaber der Gläubigen (a.)
unbewaffnet war, kam er heraus. Der Befehlshaber der Gläubigen
(a.) sagte zu ihm: „Oh Zubair, du musst daran denken, dass
der Prophet (s.) eines Tages zu dir gesagt hat, dass du mich
bekämpfen würdest und Falsches und Übertretung auf deiner
Seite sein würde.“ Zubair bestätigte, dass der Prophet
(s.) das gesagt hatte. Dann fragte der Befehlshaber der
Gläubigen: „Und warum bist du dann gekommen?“ Er
erwiderte, dass sein Gedächtnis es vergessen habe, und wenn es
ihm eher eingefallen wäre, er nicht gekommen wäre. „Nun,
jetzt weißt du es wieder“, sagte der Befehlshaber der
Gläubigen (a.). „Ja“, erwiderte er, und während er das
sagte, ging er geradewegs zu Aischa und sagte ihr, dass er
zurückkehren wollte. Sie fragte ihn nach dem Grund, und er
erwiderte. „Ali hat mich an etwas erinnert, was ich
vergessen hatte. Ich bin fehlgegangen, aber jetzt bin ich
wieder auf dem richtigen Weg und werde auf keinen Fall Ali ibn
Abi Talib bekämpfen.“ – „Du hast vor den Schwertern der
Söhne von Abd al-Muttalib Angst bekommen“, sagte Aischa.
„Nein“, antwortete er, und dabei wendete er die Zügel
seines Pferdes zum Umkehren. Doch ist es erfreulich, dass er
über die Aussage des Propheten (s.) wenigstens etwas
nachdachte. Als er nach diesem Gespräch zurückkehrte, bemerkte
der Befehlshaber der Gläubigen (a.), dass sie die rechten und
die linken Flanken seiner Armee angegriffen hatten. Als er das
sah, sagte er: „Nun ist die Schonfrist ausgeschöpft. Ruft
meinen Sohn Muhammad.“ Als er kam, sagte der Befehlshaber
der Gläubigen: „Mein Sohn, greife sie jetzt an.“
Muhammad beugte seinen Kopf nahm das Banner und schritt zum
Schlachtfeld. Aber die Pfeile fielen in solche Fülle, dass er
anhalten musste. Als der Befehlshaber der Gläubigen (a.) das
sah, fragte er: „Muhammad, warum schreitest du nicht
voran?“ – „Vater“, erwiderte er, „in diesem Pfeilregen
ist es unmöglich, voranzuschreiten. Warte, bis sich die Gewalt
der Pfeile legt.“ – „Nein“, sagte er, „vertraue
den Pfeilen und Speeren und greife an.“ Muhammad ibn
al-Hanafiyya ging ein wenig voran, aber die Bogenschützen
umzingelten ihn, dass er in seinen Schritten verhalten musste.
Als er das sah, erschien ein Stirnrunzeln auf dem Gesicht des
Befehlshabers der Gläubigen (a.) der ihn erneut anfeuerte.
Dann nahm Imam Ali (a.) selbst das Banner und tätigte so einen
Angriff, dass in den Reihen der Gegner von einem Ende bis zum
anderen ein Tumult entstand. Welcher Reihe er sich auch
zuwandte, sie leerte sich, und zu welcher Seite er sich auch
drehte, sah man fliehende Soldaten. Nachdem er die Reihen in
Aufruhr versetzt hatte, kehrte er an seine Stellung zurück und
sagte zu Muhammad ibn al-Hanafiyya: „Schau, mein Sohn, so
werden Schlachten geschlagen.“ Dann gab er ihm das Banner
und befahl ihm vorzumarschieren. Muhammad trat vor und auf den
Gegner zu mit einem Kontingent der Helfer [ansar]. Der Gegner
kam ebenfalls und rasselte mit seinen Speeren. Aber der
tapfere Sohn des heldenhaften Vaters versetzte Reihe über
Reihe in Aufregung, während andere Kämpfer ihn unterstützen.
Auf der
anderen Seite verteidigten Aischas Anhänger deren Leben durch
hingebungsvollen Einsatz rund um das Kamel. Besonders
bemerkenswert war der Zustand einiger der Banu Dabbah, denn
obwohl ihre Hände vom Ellenbogen an abgeschlagen worden waren,
als sie die Zügel des Kamels von Aischa hielten und ihre
Brüste durchbohrt wurden, hatten sie folgende Schlachtrufe auf
der Zunge: „Für uns ist der Tod süßer als Honig, Wir sind
die Banu Dabbah, Kamelzüchter. Wir sind die Söhne des Todes,
wenn der Tod kommt. Wir verkünden den Tod Uthmans mit
Speerspitzen. Gebt uns unseren Anführer wieder, und dann hat
das hier ein Ende.“
Die
Unwissenheit über den Glauben dieser Banu Dabbah kann man an
einem Ereignis gut erkennen, das al-Mada´ini berichtet hat. Er
schreibt, dass es in Basra einen Mann mit einem verstümmelten
Ohr gab. Er fragte ihn nach dem Grund, und er erwiderte: „Ich
schaute auf die Toten auf dem Felde der Kamelschlacht, als ich
einen verwundeten Mann sah, der manchmal seinen Kopf hob, und
ihn dann wieder heftig auf den Boden schlug. Ich ging näher,
und dann waren die folgenden beiden Verse auf seinen Lippen:
„Unsere Mutter warf uns in die tiefen Wasser des Todes und
holte uns nicht zurück, bis wir vollkommen ertrunken waren.
Unglücklicherweise gehorchten wir den Banu Taim
die nur Sklaven und Sklavinnen sind.“ Ich sagte ihm, dass
es nicht die Zeit war, Verse zu rezitieren, er sollte lieber
Allahs gedenken und das Glaubensbekenntnis rezitieren. Nach
diesen meinen Worten sah er mich böse an, gab Beschimpfungen
von sich und sagte: „Du sagst, ich soll das
Glaubensbekenntnis rezitieren, damit ich im letzten Moment
Angst bekomme und ungeduldig werde.“ Ich war verwundert,
das zu hören, und entschloss mich wegzugehen, ohne noch etwas
zu sagen. Als er sah, dass ich zurückging, sagte er:
„Warte; weil du es bist, bin ich bereit, es zu rezitieren,
aber lehre es mich.“ Ich ging zu ihm hin, um ihn das
Glaubensbekenntnis zu lehren, als er mich bat, näher zu
kommen. Als ich mich ihm näherte, packte er mein Ohr mit
seinen Zähnen und ließ es nicht los, bis er es vom Kopf
getrennt hatte. Ich hielt es nicht für angemessen, einem
Sterbenden noch etwas zu tun und machte mich auf den Rückweg,
wobei ich ihn beschimpfte und verfluchte, als er mich bat,
noch einer Sache mehr zuzuhören. Ich war also bereit
zuzuhören, da er ja einen unerfüllten Wunsch haben könnte. Er
sagte, dass, wenn ich zu meiner Mutter kommen und sie mich
fragen würde, wer ihm sein Ohr abgebissen habe, ich sagen
sollte, dass es Umair ibn al-Ahlab al-Dabbi gewesen sei, der
von einer Frau getäuscht worden sei, weil er gehofft habe, der
Befehlshaber der Gläubigen zu werden.“
Doch, als das
Leben von Tausenden von Männern beendet und Hunderte der Banu
Azd und der Bani Dabbah getötet wurden, weil sie die Zügel des
Kamels gehalten hatten, befahl der Befehlshaber der Gläubigen
(a.): „Tötet das Kamel (auf dem Aischa sitzt)“. Nachdem
er das gesagt hatte, machte er so eine harte Attacke, dass
sich von überall Schreie erhoben: „Frieden“,
„Schutz“. Als er zum Kamel kam, befahl er Budschair ibn
Dulschah, das Kamel sofort zu töten. Also schlug Budschair es
mit solcher Gewalt mit dem Schwert, dass es auf seine Brust
fiel. Erst als das Kamel fiel, floh die gegnerische Armee und
die Sänfte, in der Aischa saß, wurde unbewacht und allein
zurückgelassen. Die Gefährten des Befehlshabers der Gläubigen
(a.) nahmen die Sänfte und Muhammad ibn Abu Bakr
eskortierte Aischa auf Befehl des Befehlshabers der Gläubigen
(a.) zum Hause von Safiyya bint al-Harith.
Dieses
Gefecht begann nachmittags am 10. Dschumada al-Thani im Jahre
36. n.d.H. und endete am selben Abend. Darin wurden
tausendundsiebzig von der zwanzigtausend Mann starken Armee
des Befehlshabers der Gläubigen bzw. nach einer anderen
Version fünfhundert Märtyrer, während von Aischas
dreißigtausend Mann zählenden Armee siebzehntausend Mann
getötet wurden.