Nahdsch-ul-Balagha
Pfad der Eloquenz - Nahdsch-ul-Balagha

Aussprache: nah-dschul-balagha
arabisch:
نهج البلاغة
persisch:
نهج البلاغة
englisch: Peak of Eloquence

Mehr zum Thema siehe: Nahdsch-ul-Balagha

173. Predigt – Wer des Kalifats würdig ist

(Diese Predigt wurde gehalten) über Allahs Gesandten (s.), wer des Kalifats würdig ist, und über die Verächtlichkeit des Diesseits.

Über Allahs Gesandten (s.)

Der Gesandte Allahs war der Treuhänder Seiner Offenbarung, das Siegel Seiner Gesandten, der Bringer Seiner frohen Botschaft der Barmherzigkeit und der Warner vor Seiner Strafe.

Die Würdigkeit für das Kalifat

Ihr Menschen, wahrlich, der, der für diese Angelegenheit (des Kalifats) am meisten berechtigt ist, ist der, der am stärksten dafür unter euch (geeignet) ist und der am meisten Wissen über Allahs Befehl diesbezüglich hat. Wenn durch einen Unruhestifter der Frieden gestört wird, wird von ihm verlangt, dem Recht zuzustimmen, doch wenn er sich weigert, dann wird er bekämpft werden. Bei meinem Leben, wenn das Imamat nicht beschlossen worden wäre, bevor die Masse der Leute anwesend war, dann hätte es keinen Weg dahin gegeben (es mir zu verweigern). Aber die, die dem zugestimmt hatten, urteilen über jemanden, der nicht dabei anwesend ist. Dann konnte der Anwesende nicht von dieser (Entscheidung) zurücktreten, noch konnte der Abwesende wählen. So wisset, dass ich zwei Männer bekämpfen werde: Den, der das in Anspruch nimmt, was ihm nicht zusteht, und den anderen, der das von sich weist, was für ihn verpflichtend ist.

Notwendigkeit der Weisheit beim Kampf gegen Abtrünnige

Ich rate euch, ihr Diener Allahs, zur Gottesehrfurcht, denn das ist das Beste, was sich die Diener (Allahs) gegenseitig raten können, und sie ist der beste Ausgang der Dinge bei Allah. Die Tür zum Krieg zwischen euch und den Leuten der Qibla (d.h. den anderen Muslimen) wurde bereits geöffnet, und dieses Banner kann nur jemand tragen, der Scharfsicht, Standhaftigkeit und das Wissen über die Stellung der Wahrheit besitzt. So wendet euch dem zu, was euch befohlen wurde, und macht bei dem Halt, das euch verwehrt wurde.

Die Verächtlichkeit des Diesseits

Fürwahr, es ist wirklich das Diesseits, das ihr zu begehren begonnen habt und nach dem ihr strebt, und es ist dahin gekommen, dass es euch (manchmal) zornig macht und euch (manchmal) zufrieden stellt. Es ist nicht eure (dauerhafte) Heimstätte und nicht eure Wohnung, für die ihr geschaffen wurdet, noch die (Wohnung), zu der ihr eingeladen wurdet. So seht, es wird euch nicht (für immer) bleiben, noch werdet ihr (in) diesem (Diesseits für immer) bleiben. Wenn euch etwas davon betrogen hat, dann seid ihr bereits vor dessen Übel gewarnt worden. So lasst dessen Trug beiseite zugunsten der Warnung davor sowie das Begehren danach zugunsten der Furchteinflößung davor. So wetteifert darin zu der Heimstätte, zu der ihr eingeladen wurdet, und wendet eure Herzen von diesem (Diesseits) ab. Niemand von euch soll schluchzen wie eine Sklavin über das, was ihm von diesem (Diesseits) weggenommen wurde. So strebt nach der Vervollkommnung des Gnadengeschenks Allahs an euch durch die Standhaftigkeit im Gehorsam gegenüber Allah und der Bewahrung dessen, was Er von euch zu bewahren verlangt hat, (nämlich) Sein Buch. Fürwahr, der Verlust irgendeiner Sache eurer (diesseitigen) Welt kann euch keinerlei Schaden zufügen, nachdem ihr die Grundpfeiler eurer Religion bewahrt habt. Und wahrlich, wisset auch, dass euch nach dem Verlust eurer Religion nichts von eurem Diesseits nützen kann, das ihr euch bewahrt habt. Möge Allah unsere und eure Herzen zur Wahrheit bringen, und möge Er uns und euch zu Standhaftigkeit inspirieren!

Erläuterung

Als sich die Leute im Zusammenhang mit der Wahl zum Kalifen in Saqifa versammelt hatten, mussten sich sogar die, die dort nicht anwesend gewesen waren, den dort getroffenen Entscheidungen beugen. Man führte das Prinzip ein, dass die, die bei der Versammlung anwesend gewesen waren, kein Recht darauf hatten, die Angelegenheit noch einmal zu überdenken oder den Treueid an Abu Bakr zu brechen und dass die, die bei der Wahl nicht dabei waren, die getroffene Entscheidung nur hinzunehmen hatten. Doch als Jahre später die Bewohner von Medina dem Befehlshaber der Gläubigen (a.) den Treueid leisteten, weigerte sich Muawiya, der Gouverneur von Syrien, mit der Begründung, dass er bei der Wahl Imam Alis (a.) nicht anwesend gewesen war und daher nicht verpflichtet sei, sich daran zu halten, worauf der Befehlshaber der Gläubigen (a.) eine Antwort in der obigen Predigt über die Doppelzüngigkeit jenes Verhaltens gab in dem Sinn: „Da die Bewohner von Medina, die Helfer [ansar] und die Auswanderer [muhadschirun], mir in meine Hand den Treueid geschworen haben, hatte Muawiya kein Recht, sich davon fernzuhalten unter dem Vorwand, er sei nicht dabei anwesend gewesen, noch waren Talha und Zubair berechtigt, den Treueid zu brechen, nachdem sie ihn (selbst) geschworen hatten.“

Bei dieser Gelegenheit argumentierte der Befehlshaber der Gläubigen (a.) nicht kraft irgendeiner Aussage des Propheten (s.), die als endgültiger Befehl über das Kalifat dienen könnte – obwohl es die Aussagen gab – weil die Gründe für die Weigerung in diesem Fall in der Vorgehensweise des Wahlprinzips lagen. Entsprechend den Erfordernissen der Situation konnte daher nur eine Antwort aufgrund der vom Kontrahenten akzeptierten Prinzipien selbigen zum Schweigen bringen. Selbst wenn er kraft eines Befehls des Propheten (s.) argumentiert hätte, wäre das zum Objekt verschiedener Interpretationen geworden und die Angelegenheit wäre in die Länge gezogen statt gelöst zu werden.

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