Nahdsch-ul-Balagha
Pfad der Eloquenz - Nahdsch-ul-Balagha

Aussprache: nah-dschul-balagha
arabisch:
نهج البلاغة
persisch:
نهج البلاغة
englisch: Peak of Eloquence

Mehr zum Thema siehe: Nahdsch-ul-Balagha

Die Weisheiten des Befehlshabers der Gläubigen (a.) 76-80

76. Und er (a.) sagte:

Wenn die Dinge einander ähneln, dann sollten die zuletzt (geschehenen) nach den ersten bewertet werden.

Erläuterung

Ein Bauer kann durch einen Blick auf die Saat sagen, welche Pflanze daraus hervorgehen wird, welche Früchte, Blumen oder Blätter sie haben und wie groß sie werden wird. Genauso können vom Arbeitsverhalten und Anstrengung eines Studenten auf seinen Erfolg Rückschlüsse gezogen werden, oder auf den Misserfolg eines anderen Studenten, wenn man seine Faulheit und Müßigkeit betrachtet. Denn der Beginn weist auf das Ende hin und ist die Grundlage dafür, dass man einen Schluss daraus zieht. Deswegen, wenn das Ende einer Angelegenheit nicht zu sehen ist, dann sollte ihr Beginn betrachtet werden. Wenn der Beginn schlecht ist, dann wird das Ende auch schlecht sein, und wenn der Beginn gut ist, wird es auch ein gutes Ende haben.

77. Überliefert von Dhirar ibn Hamza Dhibabi, als er zu Muawiya ging und der ihn nach dem Befehlshaber der Gläubigen fragte, und er (Dhirar) antwortete: „Ich bezeuge, dass ich ihn zu verschiedenen Gelegenheiten in einer Gebetsnische [mihrab] stehen sah, wenn die Nacht ihre Schleier gesenkt hatte, wobei er seinen Bart festhielt und unruhig war wie von einer Schlange gebissen, weinend vor Kummer sagte er:“

Oh du Welt, Welt, geh hinfort von mir! Bietest du dich mir dar? Oder hast du Sehnsucht nach mir? Deine Zeit (um mich zu beeindrucken) ist nicht gekommen! Niemals! Betrüge jemand anderen als mich, ich habe kein Bedürfnis nach dir, ich habe mich dreimal von dir geschieden, nach dem es keine Wiederkehr gibt! Denn eine Lebensspanne ist kurz, deine Wertigkeit ist gering, deine Hoffnung ist armselig. Oh wehe wegen der geringen Wegzehrung, der Länge des Weges, der weiten Reise und dem mächtigen Bestimmungsort!

Erläuterung

Dhirar war einer der Gefährten des Befehlshabers der Gläubigen (a.). Nach dessen Ableben ging er nach Syrien, wo er Muawiya traf, und Muawiya sagte: „Beschreib ihn mir“. Er erwiderte „Würdest du mich bitte davon entbinden, das zu beantworten?“ Doch Muawiya bestand darauf, und daraufhin sagte Dhirar:

„Wenn es nicht anders geht (als dass ich dir das erzähle), dann sollst du wissen, dass Ali ein Mensch war, dessen Persönlichkeit keine Grenzen kannte, seine Macht war furchterregend, seine Sprache bestimmt, seine Urteile basierten auf Gerechtigkeit, sein Wissen war in alle Richtungen verbreitet und Weisheit manifestierte sich in seinem gesamten Verhalten. Er mochte am liebsten das Grobe unter den Nahrungsmitteln, und was Kleidung angeht, trug er am liebsten kurze (die nicht hinter ihm herschleiften) und bescheidene. Bei Allah, er war unter uns als einer von uns. Er pflegte unsere Fragen zu beantworten und all unsere Bitten zu erfüllen. Bei Allah, obwohl er unsere Nähe zu ihm erlaubte und er selber auch nahe zu uns war, wagten wir aufgrund von Ehrfurcht ihn weder anzusprechen, noch wagten wir, zuerst das Wort zu ergreifen wegen seiner Größe in unseren Herzen. Sein Lächeln enthüllte eine Reihe von Perlen. Er pflegte die Gottesfürchtigen zu ehren, zu den Bedürftigen war er freundlich, damit er die Waisen, die nahen Verwandten oder den Bedürftigen für den Tag des Hungers (Tag des Gerichts) speiste, er kleidete die Unbekleideten und half den Hilflosen. Er hasste das Diesseits und seinen Schmuck. Ich bezeuge, dass …“ (dann folgt der Teil, der oben von Sayyid Radhi zitiert wird).

Als Muawiya das von Dhirar hörte, füllten sich seine Augen mit Tränen, und er sagte: “Möge Allah Abul Hasan[1] barmherzig sein. Er war wirklich so.“ Dann wandte er sich an Dhirar und sagte: „Wie fühlst du dich in seiner Abwesenheit, Dhirar?“ – „Ich verspüre den Kummer einer Mutter, deren einziges Kind in ihren Armen abgeschlachtet wird“, antwortete Dhirar.[2]

78. Als ein Syrer ihn (Imam Ali, a.) fragte, ob der Feldzug nach Syrien zum Ratschluss Allahs gehörte und Schicksal war, gab er eine lange Antwort, hier ein Auszug daraus:

Wehe dir, dass du das für einen notwendigen Ratschluss und unabänderliches Schicksal hältst! Wenn das so wäre, dann wäre es keine Frage von Lohn und Strafe (Allahs), und Verheißung oder Warnungen wären hinfällig. Wahrlich, Allah der Erhabene befahl Seinen Dienern, aus freier Wahl zu handeln und untersagte ihnen durch Warnung. Er hat ihnen Leichtes auferlegt und sie nicht schwer belastet. Er gab viel für das Wenige. Ihm wird nicht zuwidergehandelt, weil Er besiegt wurde, noch wird Ihm gezwungenermaßen gehorcht. Er hat die Propheten nicht als Spiel entsandt, noch sandte Er das Buch für die Diener aus Zeitvertreib herab. Er erschuf die Himmel und die Erde und das, was dazwischen liegt, nicht aus Nichtigkeit: „Das ist die Meinung derer, die ungläubig sind. Wehe aber denen, die ungläubig sind, vor dem Feuer!“[3]

Erläuterung

Am Ende der Geschichte fragte der Mann: „Welche Art von Schicksal war es, aufgrund dessen wir marschieren mussten?“, und der Befehlshaber der Gläubigen (a.) sagte: „’Qadha’ bezeichnet den Ratschluss Allahs. Zum Beispiel sagte Er: „Und dein Herr hat bestimmt [qadha], dass ihr niemanden als Ihn verehren sollt.“[4] Hier steht “qadha“ für “bestimmt.“

79. Und er (a.) sagte:

Hol dir die Weisheit, wo immer sie ist, denn wahrlich, wenn die Weisheit im Herzen des Heuchlers ist, bewegt sie sich in seinem Herzen, bis sie herauskommt und sich zu ihren Gleichartigen im Herzen des Gläubigen gesellt.

80. Und er (a.) sagte:

Die Weisheit ist der verirrte Teil des Gläubigen, so nimm die Weisheit (aus der Verirrung bei Dir auf), und sei sie von den Heuchlern.

[1] Abul Hasan (Vater von Hasan) ist ein Beiname von Imam Ali (a.)

[2] “Al-Isti´ab“, Band 3, S. 1107-1108; “Hilya al-Auliya“, Band 2, S. 84; “Sifatus-Safwa“ von Ibn Dschauzi, Band 1, S. 121; “al-Amali“ von Abu Ali al-Qali, S. Band 2, S. 147; “Zahr al-Adab“ von al-Husri, Band 1, S. 40-41; “Murudsch Dhahab“, Band 2, S. 421; “ar-Riyadh an-Nadhira“ von al-Muhibb Tabari, Band 2, S. 212; Ibn Abu al-Hadid, Band 18, S. 225-226

[3] Heiliger Qur´an 38:27

[4] Heiliger Qur´an 17:23

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