Gedichte im Islam

Jetzt, da wie Paradieses Hauch ...

von Muhammad Schams ad-Din (Hafiz) aus seinen Ghaselen, übersetzt von Friedrich von Bodenstedt

Jetzt, da wie Paradieses Hauch
die Luft vom Garten mich umfächelt,
Freu ich des Weins mich, da mir auch
der Liebsten Auge wieder lächelt.

Der ärmste Bettler in der Welt
steht heute keinem König nach:
Der Wolke Schatten ist sein Zelt,
der Saatenrain sein Prunkgemach.

Die grüne Flut erzählt vom Fest
des Frühlings wunderholde Mären –
Ein Tor, wer Sichres fahren lässt,
um bloß von Hoffnung sich zu nähren.

Erbaue dich am Weine, Freund –
wirst du der Moderwelt zum Raube,
So backt sie Ziegelsteine, Freund,
nach deinem Tod aus deinem Staube.

Zähl auf des Feindes Treue nicht:
nie wird's in deinem Kopfe helle,
Suchst du bei einem Kirchenlicht
Erleuchtung deiner Klausnerzelle.

Und droh mir nicht mit ewigem Fluch,
weil ich's ein wenig weit getrieben:
Wer weiß denn, was im Schicksalsbuch
und auf der Stirn uns steht geschrieben?

Oh, lenkt nicht von Hafisens Grab
die Schritte: ob sich's auch erwiese,
Dass er voll Sünden sank hinab:
Er geht doch ein zum Paradiese!

 

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