Gedichte im Islam
Der Goldklumpen

von Saadi aus dem "Fruchtgarten". aus dem Persischen übersetzt von Otto Hauser

Es kam einem Frommen, der manches erkannt,
Ein Klumpe von Gold eines Tags in die Hand.
Da ward ihm von Schwindel ergriffen das Haupt,
Des göttlichen Lichtes das Herz ihm beraubt.
Er dachte die Nacht lang: Des Golds ist so viel,
Es findet, so lange ich lebe, kein Ziel.
Ich brauche den kraftlosen Rücken nunmehr
Des Almosens wegen zu bücken nicht mehr.
Ein Haus will ich bau'n mir auf Marmor gar stolz
Die Spanen des Daches von Aloaholz,
Ein Raum soll auf Freunde stets warten im Haus,
Die Tür dieses Raums auf den Garten hinaus.
So lang hab' ich Lappen auf Lappen genäht,
Für Aug mir und Hirn Glut von andern erfleht,
Doch nun lass' ich Speisen mir kochen nach Gust
Und pflege mich Tage und Wochen nach Lust
Auf Filz musst' ich lange in Ärmlichkeit ruh'n,
Doch köstliche Teppiche breit' ich mir nun.
So spann er in eitle Chimären sich ein,
Der Krebs grub ins Hirn seine Scheren ihm ein;
Betrachtung, Gebet war vergessen im Nu
Und Andacht und Preis, Schlaf und Essen dazu.
Wie trunken da lief er hinaus in das Land;
Es litt' ihn nicht still, wo er saß oder stand.
Am Kopf eines Grabes nun trat dort ein Mann
Die Erde und schlug sie zu Backsteinen dann.
Da ward seiner Sinne er wiederum Herr:
Oh lass dir doch raten, Kurzsichtiger!
Was hängst du dein Herz an den Goldklumpen, sprich?
Zu Backsteinen schlägt man dereinstens auch dich.
Nicht also nur öffnet die Gierde den Mund,
Dass ein Bissen g'nügt dem begehrlichen Schlund.
Oh Unweiser, lass jenen Klumpen doch ruh'n.
Ein Stein dämmte nimmer im Lauf den Dschihun.
In Törigkeit strebst du nach Geld und Gewinn;
Das ewige Gut rinnt indessen dir hin.
Der Staub hier, der Wind wird einst über ihn geh'n
Und an seinen Ort jedes Staubkörnchen weh'n.

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